Kinder ohne Smartphones: intelligenter, kreativer, fitter

Fritz Weilharter im Talk

3 Min.

Copyright: Shutterstock

Psychologen, Mediziner und Hirnforscher warnen schon lange vor den Folgen exzessiven Handykonsums speziell von Kindern und Jugendlichen. Auch Psychotherapeut und Mentalcoach Fritz Weilharter positioniert sich klar smartphonekritisch. In seinem Buch „Die neue Elite“ erklärt er, warum Kindern ohne Smartphone die Zukunft gehört.

Wer seinen Kindern eine weitgehend analoge Kindheit sichert, verschafft diesen vielfältige psychisch-kognitive, körperlich-motorische und emotionale Entwicklungsvorteile. Nichts eb­net den heutigen Kindern den Weg zur neuen Elite so sehr wie eine analoge Kindheit, ist Fritz Weilharter überzeugt. Dass es weit verbreitet ist, Warnungen vor dem schrankenlosen Bildschirmkonsum als übertriebene Ängste von Technologiefeinden abzutun, stört ihn nicht, die Botschaft ist ihm zu wichtig. Es gehe auch nicht darum, die Kinder vor der allgegenwärtigen Digitalisierung abzuschotten, sondern ihnen analoge Alternativen zu bieten, ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit sowie ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit willen. 

Copyright: Lukas Beck

Herr Weilharter, Sie schreiben im Buch, dass die große Mehrheit unserer Kinder nicht handysüchtig, aber dennoch durch dessen Allgegenwärtigkeit im Alltag massiv betroffen sei. Ist das nicht zu optimistisch? Ich würde behaupten, die Mehrheit der – im Übrigen nicht nur – jungen Menschen ist fast ständig am Handy. Aus psychologischer Sicht: Ab wann gilt die Nutzung des Handys als pathologisch?

Sucht ist, wenn es Entzugserscheinungen gibt, etwa kommt es zu vegetativen und körperlichen mehr oder weniger starken Reaktionen, wie Nervosität, Zittern, Schweißausbrüche. Die Sucht ist ein Grenzübergang von der Abhängigkeit zur Sucht. Das ist ein gradueller Übergang, man kann nicht sagen, wo genau die Sucht beginnt, sondern es macht sich zuerst eine schleichende Verhaltensänderung bemerkbar. 

Kinder verwenden ihr Smartphone in der Schule, in den öffentlichen Verkehrsmitteln, sogar beim Essen und beim Erledigen der Hausübung, das Handy ist durchgehend Teil des Lebens der jungen Menschen. Das ist bedenklich. Wenn es aber gelingt, einen handyfreien Nachmittag einzulegen, wo miteinander geredet, gespielt, Sport gemacht, gelesen wird, wo menschliche Kontakte gepflegt werden, dann ist es keine Sucht. Man kann allerdings auch mehr oder weniger abhängig sein, die Grenze zu ziehen ist schwierig. Ich habe das Buch aber nicht geschrieben, um ein wissenschaftliches Werk mit Zahlen und Daten zu schreiben, sondern um die Alternativen der analogen Kindheit aufzuzeigen.

Was sind die Alternativen zum Smartphone? 

Es geht darum, stark und liebevoll Nein zu sagen und Alternativen zu bieten. Die Alternativen sind die analogen Erfahrungen. Man kann als Eltern nur dann erfolgreich und nachhaltig intervenieren, wenn man bessere Alternativen zur Verfügung stellt als die digitale Unterhaltung, die das Kind auch annimmt. Ich sage immer, der Tisch mit den analogen Erfahrungen ist voll gedeckt, die Eltern müssen nur zugreifen. Mit Alternativen ist allerdings keine Beschäftigungstherapie für das Kind gemeint. Ziel ist, dass das Kind wieder eigenständig Interessen und Begabungen nachgeht. 

Am leichtesten haben es jene Kinder, deren Eltern die Weichen früh so gestellt haben, dass die Kinder für Handy und Co. gar kein besonderes Interesse entwickeln. Schwieriger gestaltet sich das Angebot von Alternativen mit Kindern, die bereits stark digitalisiert sind. Aber auch digitalaffine Kinder können zur neuen Elite werden, wenn sie die neue Technologie hauptsächlich für den Wissenserwerb verwenden. Wenn das Kind keine der Alternativen, die Sie ihm bieten, annimmt und selbstständig weiterführt, sondern weiterhin die digitalen Geräte bevorzugt, liegt der Verdacht nahe, dass es bereits in den Bereich der Abhängigkeit oder der Sucht geraten ist. In diesem Fall würde ich raten, professionelle Hilfe durch entsprechende Beratungsstellen oder Therapeuten in Anspruch zu nehmen. 

zur person

Professor Mag. Dr. Fritz Weilharter wurde 1956 in Leoben in der Steiermark geboren und lebt seit 1998 in Linz. Seit 2018 ist er in Berlin als Professor für Sportpsychologie an der BSP Business School Berlin tätig. Der Sportpsychotherapeut, Mentalcoach im Leistungssport, Vortragende, Organisationsberater, Buchautor und ehemalige Gymnasialdirektor hat große Talente in Österreichs Spitzensport mental betreut. Weilharter ist verheiratet und Vater von vier Töchtern.

den ganzen text findet ihr in der aktuellen ausgabe des oberösterreichers.

das könnte dich auch interessieren:

Digitaler Humanismus

Herr Horx erklärt die Zukunft

Abo

Wählen Sie Ihr persönliches Abo aus