Michaela Langer-Weninger: Mit Herz und Hirn

Die Agrar-Landesrätin im Interview

7 Min.

© Hermann Wakolbinger

Seit drei Jahren ist Michaela Langer-Weninger Agrar-Landesrätin. Für die 45-Jährige, die mit ihrer Familie am Mondsee einen Biohof bewirtschaftet, ist es nicht nur ein politisches Amt, sondern eine Herzensangelegenheit. Weil sie die heimischen Landwirtschaftsbetriebe bestmöglich unterstützen möchte.

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Michaela Langer-Weninger ist eine Politikerin mit Herz und Hirn. Sie bewirtschaftet mit ihrer Familie selbst einen Biohof am Mondsee und weiß deshalb genau, welche Themen die Bäuerinnen und Bauern im Land beschäftigen, was sie brauchen – und vor allem auch, was sie nicht brauchen können. Wir haben die Michaela Langer-Weninger in ihrem Büro im wunderschönen Arkadenhof des Linzer Landhauses besucht und mit ihr über innovative Landwirtinnen, überbordende Bürokratie und Weinbau in Oberösterreich gesprochen.

Michaela Langer-Weninger im Interview

In Oberösterreich werden knapp 40 Prozent der bäuerlichen Betriebe von Frauen geführt. Wie geht es den Bäuerinnen im Moment?
Michaela Langer-Weninger: Wir sind sehr froh, dass so viele Frauen auf den Höfen sind und dass wir vor allem viele junge Leute in den bäuerlichen Betrieben haben. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt uns, dass Landwirtschaft Zukunft hat und es viele innovative Bereiche gibt. Denn besonders diejenigen, die am Betrieb einheiraten – und oft sind es Frauen –, bringen ein völlig neues Gedankengut auf die Höfe. Sie haben eine sehr genaue Vorstellung davon, in welche Richtung es künftig gehen soll. Sie entwickeln Konzepte und Strategien, weil es – wie in jedem anderen Betrieb – auch darum geht, ein Einkommen zu erwirtschaften. Die jungen Bäuerinnen sind sehr kreativ und denken zum Beispiel auch darüber nach, wie der Hof nach außen wirken kann. Stichwort Social Media. Es ist auch nicht mehr selbstverständlich, dass automatisch das weitergeführt wird, was die vorhergehende Generation gemacht hat. Da merkt man eine große Veränderung.

Dazu passt, dass unsere Landwirtschaft zum Teil sehr experimentierfreudig ist und zum Beispiel auf neue Obst- und Gemüsesorten setzt. Ist das etwas, was Zukunft haben kann?
Ja, glücklicherweise wird auf unseren Höfen viel experimentiert – von Ingwer über Safran bis hin zu Melonen. Ich glaube, diese Vielfalt der Betriebe ist etwas, was uns wirklich Kraft gibt. Wir sind zukunftsorientiert, modern und aufgeschlossen. Der Klimawandel ist auch für die Landwirtschaft eine große Herausforderung, es kann aber auch eine Chance für gewisse Produkte sein. Der Weinbau zum Beispiel entwickelt sich in Oberösterreich sehr gut. Wir haben mittlerweile 100 Hektar Anbaufläche.

Oberösterreich ist bisher nicht unbedingt für Weinbau bekannt …
Tatsächlich hat es vor tausend Jahren schon Weinbau in Oberösterreich gegeben, weil es damals wärmer gewesen ist. Dann sind die Temperaturen zurückgegangen und ungefähr ab 1400 wurde mit dem Bierbrauen begonnen. Mittlerweile wird von Perg bis ins Innviertel wieder mehr Wein angebaut und die Qualität dieser Weine ist großartig.  

Was ist die größte Herausforderung für die Landwirtinnen und Landwirte im Moment?
Vieles von dem, was im Moment auf europäischer Ebene passiert, bringt wahre Bürokratie-Monster hervor. Der bürokratische Aufwand ist schon jetzt kaum für die landwirtschaftlichen Betriebe zu schaffen. Besonders schwierig wird es, wenn man ihnen etwas zumutet, das ohne Sinn und Verstand ist. Bestes Beispiel dafür ist momentan die Entwaldungsverordnung. Der Hintergrund ist grundsätzlich ein sehr guter, weil Europa damit erreichen will, dass keine Produkte von Flächen, die entwaldet oder gerodet worden sind, mehr auf den Tisch kommen. Dieses Ziel ist in Hinblick auf die Südamerika-Importe richtig und gescheit. Allerdings stülpt man diese Regelung unreflektiert über alle Länder. Auch über Österreich, dessen Forstwirtschaft den Nachhaltigkeitsbegriff erfunden hat und dauerhaft lebt. Wenn eine Bäuerin ihre Kuh auf eine Alm auftreibt, dann muss sie jetzt nachweisen, dass auf dieser Alm nichts entwaldet wurde, wenn sie später das Fleisch dieser Kuh verkaufen möchte. Das versteht in einem Land wie Österreich niemand, wo mehr Wald nachwächst, als wir nutzen. Aus diesem Grund arbeiten wir daran, das auf Bundesebene unbedingt wieder wegzubringen. 

© Hermann Wakolbinger

Wie darf man sich die Landwirtin von heute vorstellen?
Die Landwirtinnen von heute sind modern und innovativ. Sie lassen sich nicht in eine Schablone gießen, weil sie so vielfältig sind. Auf der einen Seite sind sie sehr aufgeschlossen für Neues, andererseits wissen sie aber auch, dass so ein Hof eine unglaubliche Tradition und Verantwortung den Generationen gegenüber hat. Was mich besonders freut, ist, dass sie trotzdem immer auch wissen, was sie wollen. Das sind Bilder, die man in der Gesellschaft oft nicht erwarten würde – weit weg von Gummistiefeln und Kopftuch. Darum haben wir auch die Kampagne „Gutes kommt zurück“ auf den Weg gebracht, die ein aktuelles Bild der Landwirtschaft zeigt. Denn ich erlebe es in Diskussionen oft, dass die Gesellschaft etwas von der Landwirtschaft fordert, was wir ohnehin schon machen. Hier müssen wir stärker kommunizieren und diese Diskrepanz ausgleichen. Der erste Schritt ist mit www.guteskommtzurueck.at gelegt.

In Oberösterreich gibt es überwiegend kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe. Was brauchen sie, damit sie auch in Zukunft gut aufgestellt sind und wettbewerbsfähig bleiben?
Das Konstrukt des Familienbetriebes macht uns stark und auch zukunftssicher. Die Zahlen aus dem Milchbereich bestätigen das. In den vergangenen fünf Jahren haben auf europäischer Ebene etwa 16 Prozent dieser Betriebe aufgehört. Bei uns in Österreich waren es nur neun Prozent. Das bedeutet, dass wir auch in schwierigen Zeiten einen kleinstrukturierten Familienbetrieb mit Nachhaltigkeitsstrategien, Umweltprogrammen und den anderen Maßnahmen, die wir politisch gesetzt haben, gut stützen konnten. Das wird es auch in Zukunft brauchen, weil ich glaube, dass ein familiengeführter Betrieb besser auf große Marktschwankungen reagieren und das auch ausgleichen oder aushalten kann.

Sie sind seit 2021 im Amt. Wie fällt Ihre erste Bilanz nach drei Jahren aus?
Um Bilanz zu ziehen, ist es vielleicht noch ein bisschen früh, aber es waren grundsätzlich drei wirklich spannende Jahre. Wir haben viele Höhen und Tiefen durchgemacht, weil die Corona-Jahre die Märkte völlig durcheinandergewirbelt haben. Ein wesentlicher Meilenstein, der uns gelungen ist, ist die Umsetzung des Jagdgesetzes, das zuvor 60 Jahre lang von keinem angegriffen worden ist. Wir haben gesehen, dass der Klimawandel auch Veränderungen in den Wäldern bringt, und wir deshalb neue Maßnahmen brauchen – sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Jagd. Auch wenn die Diskussionen im Hintergrund fast eineinhalb Jahre gelaufen sind und wirklich nicht einfach waren, hatten wir am Ende ein Papier, das beide Seiten mittragen und das auch im Landtag weitgehend einstimmig beschlossen worden ist.

Sie sind seit mehr als 15 Jahren politisch tätig und waren 2019 die erste Präsidentin der oberösterreichischen Landwirtschaftskammer. Was ist Ihre Motivation, sich politisch für die Bäuerinnen und Bauern einzusetzen?
Dieses politische Engagement ist nach und nach entstanden. Weil ich schon immer gern für meine Gruppierungen eingetreten bin und dort mitgearbeitet habe. Das hat bei den Bäuerinnen in den Ortsgruppen begonnen und sich stetig weiterentwickelt. Ich habe immer versucht, diese Aufgaben bestmöglich zu machen. Wenn ich etwas mache, dann will ich es gut machen! Und diese Einstellung hat mich einen Schritt nach dem anderen weiter nach vorne gebracht. 

Sie haben selbst einen Biobauernhof. Bleibt neben Ihrem Job als Landesrätin noch Zeit zum Mitarbeiten?
Gott sei Dank machen das weitgehend mein Mann und mein Sohn daheim. Mit der Arbeit dürfen sie nicht auf mich warten (lacht). Aber es hat sich mittlerweile so eingependelt, dass meistens jene Arbeit für mich übrigbleibt, die die anderen nicht freut. 

Ist das gut oder schlecht für Sie?
(lacht) Mir macht es nichts, weil ich mittlerweile alles mag, was ich daheim machen kann. Mit der Hand zu arbeiten und nach ein paar Stunden sehen zu können, was man geschafft hat – das ist ein gutes Gefühl!

Wie sehen Sie die Zukunft der Landwirtschaft in Österreich? Was haben Sie sich vorgenommen?
Auf europäischer Ebene geht es darum, die großen Themen rund um den Green Deal gut zu begleiten. Miteinander Maßnahmen zu setzen, ist richtig und wichtig. Das brauchen wir in der Landwirtschaft, immerhin haben wir unsere Werkstatt unter freiem Himmel. Wichtig ist, dass wir einen guten Mittelweg finden, wie wir Klimaschutz gemeinsam mit regionaler Produktion verbinden, ohne die Ernährungssouveränität zu gefährden.. Das wird die große Herausforderung sein, die uns in den nächsten Jahren begleiten wird.

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