Claudia Foisner: Gewinnerin des Covermodel-Contest
"Kein Ziel ist unerreichbar, solange der Tank nicht leer ist!"
© Julia Traxler
Wenn Claudia Foisner aus dem LKW steigt, zieht sie alle Blicke auf sich. Kaum jemand kann glauben, dass die zierliche Blondine schwere Brummis und auch Baufahrzeuge lenkt. Vor drei Jahren hat die 31-Jährige das elterliche Transportunternehmen übernommen und damit ihre Berufung zum Beruf gemacht. Beim Covermodel-Contest 2024 der OBERÖSTERREICHERIN hat sie mitgemacht, um der männerdominierten Branche ein neues Gesicht zu geben und Frauen zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen. „Für mich gibt es keine passende Schublade, höchstens einen großen Kleiderschrank“, lacht das modeaffine Trucker-Babe.
Beim Covershooting im Modehaus Stöcker in Eferding posierte Claudia Foisner souverän und verliebte sich auf Anhieb in die trendigen Outfits. Im Interview gewährt uns die bodenständige Mühlviertlerin einen Einblick in ihr Leben, das von Selbstständigkeit und authentischer Lebensfreude geprägt ist. Für sie ist klar: Klischees sind dafür da, gebrochen zu werden – und Claudia ist dafür die perfekte Botschafterin.
Frau Foisner, wo waren Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie die Covermodel-Wahl gewonnen haben?
Ich war im LKW zu einer Baustelle unterwegs. Als Sie mich angerufen und mir die freudige Nachricht mitgeteilt haben, war ich so überwältigt, dass ich mich gleich mal verfahren habe (lacht). Das ist mir auf meiner Hausstrecke überhaupt noch nie passiert. Als Erstes habe ich meine Mama angerufen und dann meinen Mann.
Was hat Sie dazu motiviert, sich bei der Covermodelwahl zu bewerben?
Als ich den Aufruf auf Instagram sah, meldete sich meine innere Stimme und sagte: „Claudia, probiere es und bewirb dich – du kannst nur gewinnen.“ Wichtig war für mich vor allem auch die Message hinter dem Ganzen, einfach mal etwas Neues zu erleben und unserer Branche wieder einmal die Wertschätzung und Anerkennung zu schenken, die sie schon lange verdient hat. Vor allem auch, weil wir seitens Politik und Medien oft in den Schatten gestellt und kritisiert werden.
2016 sind Sie in den elterlichen Betrieb eingestiegen, 2021 haben Sie das Transportunternehmen übernommen und sichern damit die dritte Generation. War es für Sie schon immer klar, diesen Weg einzuschlagen?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin schon als Kleinkind mit dem Papa im LKW mitgefahren und habe von meinen Eltern mitgekriegt, was es heißt, ein Unternehmen zu führen. Aber als Jugendliche wollte ich unbedingt einen anderen Weg einschlagen. Auch weil ich immer gedacht habe, dass ich in der männerdominierten Branche nicht mithalten kann. Also habe ich eine Lehre mit Matura zur Bürokauffrau absolviert und auch in diesem Bereich gearbeitet.
Für mich gibt es keine passende Schublade, höchstens einen großen Kleiderschrank.
Claudia Foisner
Was war ausschlaggebend dafür, vor acht Jahren doch ins elterliche Unternehmen einzusteigen?
Irgendwie hat mich der Gedanke, es doch zu versuchen, nicht in Ruhe gelassen und ich bin zu dem Entschluss gekommen, es mir zumindest einmal anzuschauen. Heute weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war, denn mein Herz schlägt voll und ganz für die Transportbranche.
Sie beschäftigen 18 Mitarbeiter. Ich nehme an, es sind ausschließlich Männer. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Bis auf unsere Reinigungskraft arbeiten bei uns tatsächlich ausschließlich Männer. Vor meiner Zeit war allerdings schon einmal eine LKW-Lenkerin dabei. Mein Team akzeptiert mich voll und ganz. Wir haben zum Glück viele langjährige Mitarbeiter, die mich seit meiner Kindheit kennen. Von daher war ich immer schon dabei und sie wussten, wie ich bin. Vor allem waren sie auch froh, dass es eine Nachfolge gibt.
Arbeitet Ihr Vater auch noch im Unternehmen mit und wenn ja, wie funktioniert es?
Mein Papa ist 75 Jahre alt und Gott sei Dank geistig und körperlich noch voll aktiv. Er unterstützt mich, wo es geht, und hilft mit. Darüber bin ich sehr froh, weil unser Gewerbe schon sehr herausfordernd ist.
Was ist die Herausforderung?
Da gibt es natürlich einige, wie zum Beispiel steigende betriebswirtschaftliche Kosten, Preisdruck, überzogene Vorgaben unserer Gesetzgeber, Fahrverbote, Fahrermangel und vieles mehr.
Welche Schwerfahrzeuge können Sie fahren und wie groß ist Ihr Fuhrpark?
Unser Fuhrpark besteht aus 20 LKW und zwei Kettenbaggern. Ich besitze einen Führerschein der Klasse C+E, inklusive Kranschein und einen Fahrerqualifizierungsnachweis. Damit kann ich jedes Schwerfahrzeug fahren.
Sind Sie mit dem LKW auch international unterwegs?
Hauptsächlich sind wir im Nahverkehr tätig, haben aber durch unsere Spezialtransporte auch europaweit zu tun. Ich war bereits dreimal in Hamburg am Hafen, dafür ist man zweieinhalb Tage unterwegs, was immer ein kleines Abenteuer ist.
Fühlen Sie sich als Frau alleine beim Übernachten im LKW auf Raststationen sicher?
Ganz alleine bin ich weite Strecken noch nicht gefahren. Entweder war ich im Konvoi mit meinen Mitarbeitern unterwegs, oder mein Mann hat mich begleitet.
Treffen Sie dabei auch andere LKW-Lenkerinnen?
Ab und zu schon, aber leider viel zu wenig.
Mit welchem Fahrzeug sind Sie am liebsten unterwegs? Gibt es einen Liebling?
Ja, den gibt es tatsächlich. Es ist ein MAN F2000, Dreiachskipper, ein alter Herr in unserem Fuhrpark. Im Sommer dient er mir bei Schotter- und Aushubtransporten und im Winter zur Schneeräumung. Die 16 Gänge rauf- und runterzuschalten ist sehr retromäßig und macht mir irgendwie Spaß.
Wie reagieren die Menschen, wenn sie Sie – eine zierliche Blondine – hinter dem Steuer eines Schwerfahrzeugs sehen?
Natürlich schauen mich die Leute – Frauen wie Männer – oft verblüfft an. Aber das ist klar, da es nicht alltäglich ist, dass eine kleine, zarte Frau hinter dem Lenkrad eines Schwerfahrzeuges sitzt.
Durch die „Trucker Babes“-Sendungen im TV bekommt man seit ein paar Jahren einen Einblick in das weibliche Umfeld dieses Berufes. Wie authentisch sind diese Sendungen?
Sie geben der Gesellschaft eine Vorstellung davon, wie unser Berufsalltag aussieht, und zeigen, dass wir das liefern, was Sie alle täglich brauchen. Das finde ich im Grunde sehr authentisch. Solange keine verfälschten Einblicke ausgestrahlt werden und die Sendungen zu einem positiven Image beitragen, finde ich das eine gute Sache.
Kam es auch schon vor, dass sich bei Ihnen eine LKW-Lenkerin beworben hat?
Das ist bisher erst einmal vorgekommen. Die Bewerberin hat aber den Anforderungen, die wir zu diesem Zeitpunkt gebraucht hätten, nicht entsprochen und so konnte ich sie leider nicht anstellen. Aber grundsätzlich spricht nichts dagegen, im Gegenteil, wenn sie den Anforderungen entspricht, würde ich mich über eine weitere Lenkerin sehr freuen.
Was sind die Anforderungen – egal ob Männer oder Frauen?
Bei uns im Betrieb ist es wichtig, dass jemand zum LKW-Führerschein auch einen Ladekran- und Anhängerschein hat. Zusätzlich sind auch Routine und Erfahrung gefordert.
Wie sieht Ihr Alltag als Chefin eines Transportunternehmens aus? Teilen Sie die Mitarbeiter ein, wohin sie fahren müssen?
Unser Disponent macht die Fuhrparkleitung und teilt die Lkw-Lenker ein. Ich sehe mich als Mädchen für alles und packe überall mit an. Egal ob Büroarbeit, Buchhaltung, Preisverhandlungen, LKW-Fahren, Fuhrparkleitung und so weiter, ich habe gelernt, vielseitig zu sein, und das liebe ich. Wir machen auch Winterdienst, da heißt es dann oft, um drei Uhr früh aufzustehen und Schnee zu räumen. Bei starken Schneefällen sind das wirklich sehr fordernde Zeiten.
Ich sehe mich in der Firma als Mädchen für alles und packe überall mit an.
Claudia Foisner
Sie haben im Juni geheiratet, ist Ihr Mann auch in der Branche tätig?
Mein Mann Wolfgang ist Baupolier und für große Wohnkomplexe zuständig, er ist also in einer verwandten Branche tätig (lacht). Er hat auch den LKW-Führerschein und ist nicht abgeneigt zu fahren, hat es aber noch nicht geschafft, da er beruflich selber sehr eingeteilt ist.
Haben Sie sich auf einer Baustelle kennengelernt?
Nein, ganz klassisch und altmodisch beim Fortgehen.
Sie haben zwei ältere Schwestern, sind die auch hinter dem LKW-Steuer anzutreffen?
Nein, sie machen etwas völlig anderes. Meine ältere Schwester arbeitet als Psychotherapeutin in Vöcklabruck und die andere ist Erzieherin in einem Mädcheninternat und hat sich als Hochzeitsfotografin ein zweites Standbein aufgebaut.
Wie sehen Sie die Transportbranche in der Zukunft? Werden Sie bald mit elektro- oder wasserstoffbetriebenen LKWs auf die Baustellen fahren?
Das ist schwer zu beantworten. Die derzeitigen Alternativen zum Verbrennungsmotor können uns jedenfalls nicht überzeugen. Wenn man sich das Mühlviertel anschaut, wo es bergauf und bergab geht, nicht zu vergessen die kalten Temperaturen im Winter, schafft man mit E-LKWs keine Reichweite.
Außerdem wäre der Energiebedarf enorm. Wenn ich in unserem Ort alle Laster laden müsste, wären die Anwohner sicher nicht begeistert (lacht). Elektromobilität ist in Sachen Klima- und Umweltschutz keine Problemlösung, sondern eine Problemverschiebung. Wenn man sich von der Herstellung der Akkus bis hin zur Entsorgung alles anschaut, ist das fragwürdig.
Wie schaut es in Sachen Investitionen aus? Wie viel Geld müssen Sie hinlegen, wenn Sie einen neuen LKW anschaffen?
Das kommt natürlich ganz darauf an, was ich haben und wofür ich das Fahrzeug einsetzen will. Aber ich habe gerade einen neuen LKW gekauft und da liegen wir bei 250.000 Euro.
Sie sind viel auf den Straßen unterwegs, welche Erfahrungen machen Sie, was ärgert Sie?
Ich liebe das Freiheitsgefühl beim Fahren, wenn dann noch alles gut läuft, die Sonne scheint und gute Musik im Radio läuft bin ich in meinem Element. Was mich ärgert, ist die Rücksichtslosigkeit mancher Verkehrsteilnehmer, weil es dabei wirklich zu gefährlichen Situationen kommen kann..
Wie sind Sie als Chefin, wie ist Ihr Führungsstil?
Ich habe immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter. Wenn ich merke, da sind Spannungen oder irgendwas passt nicht, dann spreche ich das an, auch wenn es unangenehm ist. Man kann sich alles ausreden. Besonders wichtig ist mir, dass wir uns mit Wertschätzung, Respekt und auf Augenhöhe begegnen.
Wo sehen Sie sich und Ihren Betrieb in der Zukunft?
Ich sehe mich auf jeden Fall in meinem Betrieb. Mein Job als Transportunternehmerin ist meine Berufung. Die Größe des Unternehmens möchte ich so beibehalten, wie sie ist. Auch deshalb, weil wir sehr familiär sind und dadurch eine hohe Qualität bieten können. So wie es ist, passt es für mich optimal und wenn es in den nächsten zehn Jahren so bleibt, freue ich mich.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten? Wo können Sie abschalten?
Meine Freizeit ist natürlich eingeschränkt, aber wenn ich Zeit für mich habe, dann genieße ich diese sehr und mache das, was mir guttut. Ich gehe gerne zur Kosmetikerin und einmal in der Woche in den Yoga-Kurs. Wenn es zeitlich passt, verreise ich auch gerne weit weg von Zuhause, um den Kopf frei zu kriegen. Weiters lese ich gerne und bin natürlich viel mit unserem Hund „Noah“ in der Natur unterwegs, dabei kann ich Kraft für den Alltag tanken.
In Kürze:
Glücklich machen mich, … meine Familie, mein Mann und unser Hund Noah.
Niemals vergessen werde ich … die schönen Erinnerungen, die lustigen Erlebnisse und all die wunderbaren Menschen, die ich kennenlernen durfte.
Schwach werde ich … bei Rock ‘n Roll-Musik und Campari Orange.
Es motiviert mich, wenn … ich durch Herausforderungen wachsen und neue Kraft schöpfen kann.
Es ärgert mich, wenn … Menschen versuchen andere schlecht zu machen.
Mein Motto: „Kein Ziel ist unerreichbar, solange der Tank nicht leer ist!“
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