Alles stabil?

Mit ihrem Podcast #allesstabil zum Thema seelische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen bittet die Diplomierte Psychosoziale Beraterin Daniela Hufnagl (49) ab September jene zu Wort, die es betrifft – nämlich Kinder und junge Erwachsene.

8 Min.

© Ines Thomsen Photography

Warum sie sich diesem wichtigen Thema widmet und was die Hörerschaft erwartet, hat uns die Zweifachmama aus Wilhering im Coverinterview erzählt.

Hochmotiviert kommt Daniela Hufnagl zum Covershooting. Mit dabei: ihre zwei Töchter Lisa (22) und Tessa (13), die an Mamas spannendem Tag dabei sein wollen. Ihre Erfahrungen im Job als Lebens- und Sozialberaterin haben Daniela Hufnagl dazu motiviert, den Podcast #allesstabil ins Leben zu rufen. „Themen wie Überlastung, Depression, Angst, Überforderung, Essstörungen, sexuelle Gewalt und Mobbing bei Kindern und Jugendlichen nehmen Ausmaße an, wo man als Gesellschaft nicht länger zuschauen kann. Dazu kommt, dass die Kapazitäten bei Ärzten, Therapeuten und Einrichtungen ausgeschöpft sind und vielen Eltern die finanziellen Mittel fehlen, private Therapien für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen“, weiß Daniela Hufnagl.

Viele Kinder und Jugendliche wollen jemanden, der sie ernst nimmt und ihnen zuhört!

Psychosoziale Beraterin, Daniela Hufnagl

Einander stärken. Unter dem Motto: „Einander stärken verleiht Flügel“ will sie mit ihrem Podcast einmal im Monat Betroffenen eine Plattform für ihre ganz persönlichen Geschichten geben. Jene, die zuhören, sollen dabei erfahren, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind. Unterstützt wird sie von Moderatorin und Podcasterin Nicole Maria Mack aus Wels, ebenfalls eine diplomierte Lebens- und Sozialberaterin.

© Ines Thomsen Photography

Frau Hufnagl, welche Erfahrungen haben Sie als Lebens- und Sozialberaterin mit Kindern und Jugendlichen gemacht?
Viele Kinder und Jugendliche wollen einfach gehört werden. Sie wollen jemanden, der sie ernst nimmt und ihnen ein Ohr schenkt. Das hat mich auch zu meinem Konzept für den Podcast #allesstabil motiviert. Ursprünglich wollte ich eine App kreieren, das wäre aber viel zu teuer geworden. Also entschied ich mich für einen Podcast, mit dem man relativ unkompliziert viele Menschen erreichen kann. Zum Glück habe ich die Moderationsexpertin und Podcasterin Nicole Maria Mack getroffen, die sich sofort bereit erklärt hat, mich zu unterstützen. So hat alles begonnen.

Wie definieren Sie stabil?
Stabil zu sein bedeutet für mich, dass man eine gewisse Resilienz hat, was allerdings sehr subjektiv betrachtet werden muss, weil diese von Mensch zu Mensch verschieden ist. Stabil zu sein bedeutet, dass ich meinen Alltag gut bewältige, für meine Familie da bin und die täglichen Belastungen gut ausbalanciere, ohne gesundheitliche Einbußen zu haben. Natürlich gibt es im Leben immer wieder Krisen und auch Schicksalsschläge. Sich davon schnell wieder zu erholen bedeutet, dass man resilient bzw. stabil ist. Vielen Menschen gelingt das aufgrund des Zusammenhalts in der Familie und mithilfe des Freundeskreises sehr gut. Oftmals benötigt man aber auch Unterstützung von jemand Außenstehendem und hier kommen wir ins Spiel.

Das Besondere an Ihrem Podcast ist, dass vor allem Betroffene – also Kinder und Jugendliche – zu Wort kommen.
Genau das ist mein Ansatz. Experten sind wir ja in gewisser Weise alle (lacht). Mir geht es aber vor allem darum, dass Kinder und Jugendliche, natürlich nur in Abstimmung mit den Eltern, zu Wort kommen können. Selbstverständlich werden die Gesprächspartner und -partnerinnen auf Wunsch anonymisiert. Junge Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihre Geschichte zu erzählen und damit jenen, die sich womöglich in ähnlichen Situationen befinden, zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind.

Holen Sie auch Expertinnen und Experten vors Mikro?
Im Moment haben wir vorwiegend Jugendliche als Gesprächspartner. Der Podcast muss wachsen. Wenn es sich ergibt und thematisch passt, ziehen wir auch gerne Eltern, Lehrkräfte und Experten hinzu. Geplant ist zum Beispiel eine Folge mit einer Dreifachmutter, deren Kind erkrankt ist. Sie möchte erzählen, wie es den Geschwistern damit geht und wie die Familie diese Situation bewältigt. Auch ein Familienvater, dessen Frau verstorben ist, lässt uns teilhaben, auf welche Weise ihn und seine beiden Töchter das Schicksal zusammengeschweißt hat. Der Fokus unseres Podcasts liegt im Erfahrungsaustausch von Kindern und jungen Erwachsenen. Nachdem man eine Folge gehört hat, weiß man: „Du bist nicht alleine!“, „Wir hören dich!“, „Auch du kannst es schaffen!“

Welche Themen belasten Kinder und Jugendliche Ihrer Ansicht nach?
Dazu möchte ich auf eine Studie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien, in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut, verweisen. In dieser wurden rund 4.000 Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren in ganz Österreich befragt. Heraus kam unter anderem, dass die häufigsten Störungsbilder Angststörungen betreffen, gefolgt von Störungen der psychischen und neuro-
nalen Entwicklung sowie depressiven Störungen. Während die Burschen drei Mal so häufig wie Mädchen an Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) leiden, haben Mädchen doppelt so oft wie Burschen mit Angststörungen und sogar zehn Mal so oft mit Essstörungen zu kämpfen.

© Ines Thomsen Photography


Inwieweit hat die Coronakrise diese Themen verschärft?
Themen, die soziale Probleme zutage bringen, hat es immer schon gegeben und wird es auch immer geben, aber die Coronakrise mit all ihren Einschränkungen hat die Situation sicher verschärft. Laut Univ.-Prof. Dr. Paul Plener, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der MedUni Wien, hat circa ein Fünftel der Zehn- bis 18-Jährigen schon vor der Pandemie an einer psychischen Belastung gelitten. Mittlerweile dürften sich die Zahlen in den Bereichen Depression, Angst- und Essstörungen zumindest verdoppelt haben. Zu bedenken gibt er auch, dass die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung bereits vor der Coronakrise unzureichende Ressourcen hatte. Dass Corona einschneidend war, kann ich aus meiner Erfahrung als Lebens- und Sozialberaterin auch bestätigen.


Sie sind in der Begleitung und Beratung tätig und helfen Menschen, denen es nicht so gut geht. Was motiviert Sie dazu?
Ich glaube, es ist wichtig, Menschen mit dem eigenen Wissen weiterzuhelfen. Durch den Weg, den ich bereits gegangen bin, und die Erfahrungen, die ich machen durfte, kann ich vieles verstehen und erkenne schnell Strukturen und Punkte, wo man ansetzt, um eine Veränderung herbeizuführen. Ich bekomme sehr viel positives Feedback und es freut mich immer wieder, wenn ich merke, dass ich Menschen ermutige. Es bereichert mich, wenn ich neue Perspektiven gewinnen kann. Als Mensch und auch als Gesellschaft haben wir eine soziale Verantwortung. Das treibt mich letzten Endes an.

Wann und wie werden Sie den Podcast #allesstabil starten?

In der ersten Folge Anfang September werden sich Nicole Maria Mack und ich eingehend vorstellen. Da es sich um ein sehr intimes Thema handelt, sollen die Gesprächspartner und Zuhörer vor allem Vertrauen zu uns haben. In der zweiten Folge wird uns ein 17-jähriger junger Mann mit Migrationshintergrund an seinen Erfahrungen mit Mobbing und Rassismus teilhaben lassen. Er wird erzählen, wie er aus der Misere herausgekommen ist. Wir haben die Folge schon aufgezeichnet und im Gespräch mit ihm sehr traurige, aber auch ermutigende Geschichten gehört. Gänsehautmomente sind vorprogrammiert, so viel sei verraten.

Faul, desinteressiert, Smartphone-süchtig, die junge Generation kommt in der Öffentlichkeit oftmals nicht gut weg. Wie sehen Sie das?
Das sind Vorurteile, die größtenteils nicht stimmen. Unsere Kinder und Jugendlichen sind großartig. Durch die sozialen Medien ist das Leben für die Öffentlichkeit viel sichtbarer geworden, dabei kommt einiges ans Licht. Außerdem muss man bedenken, dass sich in unserer Welt vieles im Wandel befindet. Das beginnt im Arbeitsumfeld und endet in der vielzitierten Work-Life-Balance. Es gibt definitiv viele Jugendliche, die motiviert sind und genau wissen, was sie können und wollen. Es gibt jedoch auch jene, die Startschwierigkeiten haben und denen es nicht so gut geht. Auf diese muss man als Gesellschaft eingehen. Das betrifft alle Ebenen der Ausbildungsstätten – primär pädagogische Einrichtungen, Schulen, Lehrstellen etc. Natürlich sind hier Politik und Gesundheitssystem gefordert, Anpassungen vorzunehmen. Unsere Jugend ist die Gesellschaft von morgen.

Was ist Ihr Ziel mit dem Podcast?
Junge Erwachsene, Familien, alleinerziehende Mütter und Väter sowie Erziehungsberechtigte dürfen gestärkt werden. Wir bieten eine Plattform an und ermutigen Zuhörerinnen und Zuhörer, über ihre persönlichen Herausforderungen zu sprechen. Wir wollen hinschauen, informieren, ermutigen und helfen. Selbstverständlich stehen wir auch für persönliche Beratungen jederzeit zur Verfügung.

Als Mensch und als Gesellschaft haben wir eine soziale Verantwortung. Das treibt mich an.

Psychosoziale Beraterin, Daniela Hufnagl


Sind Sie noch auf der Suche nach Sponsoren für den Podcast?
Ja! Ich muss zugeben, dass sich die Sponsorensuche schwieriger gestaltet als angenommen. Zwar ist jeder vom Thema begeistert, aber Familie, Kinder, Jugendliche, psychische Gesundheit sind definitiv sehr heikle Themen, von denen man lieber die Finger lässt. Nichtsdestotrotz geben wir nicht auf. Es freut mich riesig, dass wir als Experten das Diakonie Zentrum Spattstraße ins Boot holen konnten. In jedem Podcast geben wir am Ende Anlaufstellen und 24-Stunden-Hotlines bekannt, wo sich Kinder und Jugendliche sowie Familien jederzeit kostenlos hinwenden können, wenn Probleme auftauchen. Das ist uns sehr wichtig. Der Podcast wird auf sämtlichen Kanälen wie YouTube, Spotify, Amazon zu hören sein.

Sie haben zwei Töchter, was geben Sie ihnen mit auf den Weg?

Sie sollen groß denken und wissen, dass man von jedem Menschen und jeder Situation etwas lernen kann. Jeder Mensch durchlebt Höhen und Tiefen und kann daran wachsen. Empathie und Mitgefühl sind daher wichtige Begleiter. Sie sollen die Fähigkeit haben, Entscheidungen über ihr eigenes Leben zu treffen und für ihre Handlungen verantwortlich zu sein.

Verraten Sie uns noch, was Sie gerne in Ihrer Freizeit machen?

In meiner Freizeit bin ich am allerliebsten bei meinen Kindern. Es gibt für mich nichts Schöneres, als nach Hause zu kommen und meine zwei Mädels zu sehen. Wir kochen zusammen, laden oft Freunde ein oder genießen gemeinsam Kunst und Kultur. Ich bin auch gerne in der Natur und auf Reisen. Vor Kurzem haben meine Töchter und ich mit dem Golfen angefangen. Mal schauen, wie weit wir kommen (lacht).

IN KÜRZE:


Glücklich machen mich …
meine Töchter
Niemals vergessen werde ich …
meine Oma
Es motiviert mich …
anderen Menschen Mut zu geben.
Das ärgert mich …
Lügen
Schwach werde ich bei …
Nutella
Mein Motto:
„The sky is the limit!“

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