Real oder KI?
Künstliche Intelligenz ist mitten in unserem Alltag angekommen und lässt dank Bildgenerator Harry Potter für Balenciaga modeln oder Arnold Schwarzenegger Hawaii-Hemden tragen.
Schöne neue Parallelwelt. Die Kulisse - ein künstlich generierter Strand. Das Model – vor einer weißen Studiowand abgelichtet. Möglich machen es KI-Bildgeneratoren.
„Ich mach mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt…“, sang schon Pippi Langstrumpf. Dass das dank KI innerhalb weniger Sekunden nun tatsächlich möglich ist, hätte selbst Pippi von den Socken gehauen. Wir haben die neue Art der Bildgenerierung ausprobiert und ihr eine ganze Modestrecke gewidmet (im Magazin ab Seite 36). Unterstützung bekamen wir dabei von Ines Thomsen und ihrem Team, die sich seit einigen Monaten auf den KI-Bildgenerator spezialisiert haben. Was man sich darunter vorstellen kann und was die Chancen und Risiken des neuen Tools sind, hat uns die Profifotografin aus Linz im Interview verraten.
KI ist derzeit in aller Munde. Auch Sie setzen in der Fotografie auf die Unterstützung von künstlicher Intelligenz. Wie kann man sich die Arbeit mit KI konkret vorstellen?
Es gibt viele Arten, KI in der Fotografie einzusetzen. In meinem Fall generiere ich damit Hintergründe, die später beim eigentlichen Shooting zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu Compositing werden dabei nicht bestehende Bilder aus einer Datenbank ausgewählt, sondern mit eingegebenen Parametern und Wortfolgen ganz neue künstliche Bildwelten generiert. Werden die Hintergründe für ein Fashion-Shooting benötigt, generiere ich auch gleich die Anzahl der Models, die darauf am Ende zu sehen sind. Das hilft mir, im Studio das Licht richtig zu setzen sowie die richtige Brennweite und Perspektive zu wählen. Später bei der Retusche werden die Models dann realitätsgetreu in den generierten Hintergrund eingefügt.
Kann grundsätzlich jeder mit KI in der Fotografie arbeiten?
Wer gut fotografieren kann und schon einmal mit Compositing gearbeitet hat, definitiv. Es werden auch Onlinekurse auf dem Gebiet angeboten, Apps für die KI-Bildgenerierung gibt es bereits ab acht Euro. Ich persönlich arbeite mit der Pro-Version von „Midjourney“. Diese hat den Vorteil, dass die von mir generierte Bilddatenbank nicht öffentlich einsehbar ist. Will man professionell mit KI in der Fotografie arbeiten, sollte man unbedingt auf ein erfahrenes Team setzen. Ich arbeite schon seit einigen Jahren mit KI-Experten Martin Dörsch, Fotografin Sabine Kneidinger und Denisa Krycnerova, meiner Retuscheurin des Vertrauens, eng zusammen.
Haben Sie Angst, dass Ihr Beruf mit dem Voranschreiten der künstlichen Intelligenz irgendwann überflüssig wird?
Natürlich mache ich mir darüber Gedanken. Auf der anderen Seite ist es müßig, sich darüber Sorgen zu machen, da wir die KI ohnehin nicht mehr aufhalten können. Jetzt gilt es, vielmehr darauf zu achten, den Anschluss nicht zu verlieren und zu lernen, sie optimal zu nutzen. Unser Job wird sich bestimmt verändern, aber es wird ihn weiterhin geben, denn das Menschliche kann man durch keine künstliche Intelligenz ersetzen.
Fotos: Ines Thomsen Photography
Photography Retusche: Denisa Krycnerova