
©Anzhelika Kroiss
lautet das Motto von Emma Felbermayr. Die 18-jährige Rennfahrerin aus Buchkirchen bei Wels ist seit heuer als erste und einzige Österreicherin in der F1 Academy am Start. Beim Kanada-Grand Prix in Montreal feierte sie ihren ersten Sieg in der Rennserie, die junge Rennfahrerinnen fördert.
Sie ist schnell, ehrgeizig und schreibt Motorsport-Geschichte: Emma Felbermayr ist mit 18 Jahren die erste Österreicherin in der F1 Academy – jener Nachwuchsserie, die junge Rennfahrerinnen gezielt fördert und im Rahmen der Formel 1 fährt. Am Circuit Gilles-Villeneuve in Montreal, wo Formel-1-Stars wie Max Verstappen, Lewis Hamilton oder Charles Leclerc ihre Runden drehen, feierte sie am 14. Juni ihren ersten Sieg und legte parallel dazu am Gymnasium Dachsberg erfolgreich die Matura ab. Ein Leben auf der Überholspur, das seinen Ursprung in der Familiengeschichte hat: Schon Vater Horst jr. und Großvater Horst (†2020) waren beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans am Start. Ihr Bruder Horst-Felix gibt gemeinsam mit seinem Vater im Le Mans Cup Gas. Kein Wunder, dass Emma schon mit sechs Jahren erstmals im Kart saß und mit zwölf Jahren die ersten internationalen Rennen gefahren ist.
Den Weg in die F1 Academy ebnete schließlich eine Instagram-Nachricht von Ex-Formel-1-
Pilot und Le-Mans-Legende Allan McNish, der ihr Talent erkannte und förderte. Heute fährt die 18-Jährige in der F1 Academy für Rodin Motorsport unter der Schirmherrschaft von Sauber und tritt dort gegen 17 weitere Pilotinnen an. Parallel startet sie in der spanischen Formel 4, wo sie sich hauptsächlich gegen männliche Konkurrenten beweisen muss. Wir haben mit Emma über Vorurteile, Mut und Glücksmomente gesprochen und erfahren, warum es für sie trotz Stress und Jetlag keinen anderen Weg gibt, als Vollgas zu geben.

Emma, Sie sind in der F1 Academy die ersteÖsterreicherin von insgesamt 18 Rennfahrerinnen. Wie sind Sie dazu gekommen?
Allan McNish hat mich auf Instagram angeschrieben. Er kümmert sich um die Junioren bei Kick Sauber (Anm.: Sauber-F1-Team). Wir haben regelmäßig Kontakt gehabt und nach einem Shootout in Wales habe ich Ende Oktober 2024 die Zusage bekommen.
Was war das für ein Gefühl?
Ich war überglücklich, gleichzeitig aber auch verunsichert wegen der Schule, da ich mitten im Maturajahr war. Ich musste in wenigen Wochen viel Rennerfahrung nachholen, bevor die Saison begann. Vorher hatte ich nur zwei Rennen bestritten. Trotzdem war es ein großartiges Gefühl – schließlich ist es eine einmalige Chance.
Managing Director der F1 Academy ist Susie Wolff, ehemalige Rennfahrerin und Ehefrau von Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Wie ist es für Sie, Teil dieser Serie zu sein?
Am Anfang konnte ich mit den vielen Videodrehs und der Social Media-Präsenz nicht viel anfangen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Die Aufmerksamkeit, die wir Fahrerinnen bekommen, ist unglaublich. Besonders beeindruckend ist es, an einem Formel-1-Wochenende auf derselben Strecke wie die F1-Piloten an den Start zu gehen.
Entstehen unter den Fahrerinnen der F1 Academy auch Freundschaften oder überwiegt die Konkurrenz?
Für mich war es anfangs ungewohnt, weil ich im Kartsport fast immer das einzige Mädchen war. Plötzlich ausschließlich gegen andere Fahrerinnen anzutreten, war eine ganz neue Erfahrung. Freundschaften entstehen dabei eher nicht – wir sind Konkurrentinnen, und auf der Strecke gibt es keine Freunde. Aber innerhalb meines Teams funktioniert das Miteinander sehr gut.
Wie groß ist Ihr Team?
Ich fahre für Rodin, unterstützt von Kick Sauber. Wir sind drei Fahrerinnen: Eine wird zusätzlich von McLaren unterstützt, eine weitere von Charlotte Tilbury. Für unsere drei Autos sind fünf Mechaniker zuständig, wobei jeweils einer fix einem Auto zugeteilt ist. Jede Fahrerin hat einen eigenen Ingenieur, mit dem sie während des Rennens kommuniziert. Dazu kommen Teammanager, Social-Media-Betreuer usw.

Sie starten auch in der spanischen Formel 4. Können Sie diese Serie genauer erklären?
Die Serie ist mit der F1 Academy vergleichbar, nur dass wir dort deutlich mehr Fahrzeit haben: mehr Trainings, mehr Qualifyings und drei Rennen pro Wochenende. Außerdem fahren Frauen und Männer gemischt gegeneinander. Hauptsächlich in Spanien, aber auch in Frankreich und Portugal. Die Autos sind technisch nahezu identisch, abgesehen von kleinen Details.
Die F1 Academy ist mittlerweile ein fester Bestandteil des offiziellen Formel-1-Kalenders. Während die Männer 24 Rennen bestreiten, sind es bei den Frauen nur sieben. Fünf davon liegen in dieser Saison bereits hinter Ihnen – wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Wir sind für meine noch geringe Erfahrung sehr stark gestartet – gleich im ersten Rennen in Shanghai mit Platz fünf. Danach gab es allerdings ein kleines Tief in Saudi-Arabien. Beim Test zuvor sah es vom Speed her noch sehr gut aus, am Rennwochenende waren wir dann aber deutlich zu langsam. In Miami lief es schon viel besser, vor allem, was meine Rennstärke betrifft. Mein Sieg im zweiten Rennen in Montreal war bisher das absolute Highlight der Saison.
In der ersten Runde in Montreal wurden Sie Dritte, der Podestplatz wurde Ihnen aber wieder aberkannt. Warum?
Weil mein Auto bei der Abwaage das vorgeschriebene Mindestgewicht von 603 Kilogramm konstant um mehr als 0,4 Kilogramm unterschritten hat.
Wie viel macht beim Rennfahren die Technik aus, und wie viel die Erfahrung?
Es ist eine Mischung aus Erfahrung und den technischen Aspekten des Autos. Genauso entscheidend ist es, dass die Fahrerin selbst in Topform ist. Essenziell ist auch die Zusammenarbeit mit dem Team. Schon die Kommunikation im Qualifying kann ein ganzes Wochenende entscheiden, wie ich in Zandvoort (Niederlande) leider erlebt habe.
Was ist da passiert?
Ich war das gesamte Qualifying über eine der schnellsten, zwischendurch sogar auf Platz eins mit einer halben Sekunde Vorsprung. Es war eine Session, die auf nasser Strecke begann und dann schnell abtrocknete. Jeder weiß: Die letzte Runde ist die schnellste. Kurz vor Schluss fragte ich meinen Ingenieur per Funk, ob das meine letzte Runde sei. Er meinte nein, ich hätte noch zwei. Tatsächlich war es aber bereits die letzte. Ich nahm Tempo raus, weil ich auf die Fahrerin vor mir aufgelaufen war – und so gingen mir zwei entscheidende Runden verloren.
Niederlagen gehören zum Lernprozess dazu, und am Ende machen sie einen nur stärker.
Emma Felbermayr
Das ist frustrierend, wie haben Sie darauf reagiert?
Natürlich haben wir danach im Team darüber gesprochen, und auch Kick Sauber war nicht glücklich. Ich spüre den Druck, Ergebnisse liefern zu müssen, um nächstes Jahr weiterfahren zu dürfen. Trotzdem war es meine stärkste Qualifying-Session des Jahres, gerade weil die Bedingungen schwierig waren. Umso enttäuschender war es, dass das Ergebnis so zustande kam.
Heuer stehen noch Rennen in Singapur und Las Vegas am Programm. Wie bereiten Sie sich körperlich und mental vor?
Vor jedem Rennen haben wir einen Tag im Simulator in London, um die Strecke kennenzulernen. Gerade in Singapur und Las Vegas, wo ich noch nie gefahren bin, ist das wichtig, weil wir nur sehr wenig Trainingszeit haben. Zusätzlich mache ich täglich Kraft- oder Ausdauertraining – Laufen oder Radfahren.

Ist ein Rennwochenende eher körperlich oder mental anstrengend?
In der spanischen Formel 4 definitiv körperlich, weil wir drei Rennen, zwei Qualifyings und viele Trainings haben. In der F1 Academy ist es körperlich weniger anstrengend, aber dafür mental fordernder wegen Social Media-, Medienauftritten und dem engen Zeitplan.
Sie fahren auf denselben Strecken wie die F1-Stars. Gibt es da einen Kontakt?
Am Donnerstag vor dem Rennwochenende gibt es einen gemeinsamen Media-Day mit Nico Hülkenberg oder Gabriel Bortoleto vom F1-Sauber-Team. Aber außer kurzen Smalltalks findet kaum ein Austausch statt.
Sie haben heuer maturiert und sich parallel dazu auf Rennen vorbereitet. Wie gehen Sie mit Stress um?
Am Anfang der achten Klasse, als die F1 Academy begann, war es von den Terminen für Tests und Prüfungen her stressig. Während der Vorbereitungszeit zur Matura wurde es dann etwas entspannter, weil ich nicht mehr regelmäßig in die Schule musste.
Die Matura haben Sie bestanden – gratuliere! Hatten Sie auch Zeit für eine Maturareise?
Ja, wir waren in Lloret de Mar in Spanien. Das war ein toller Abschluss nach einem intensiven Jahr.
Wenn Sie an der Startlinie stehen – was geht Ihnen in diesen Sekunden durch den Kopf?
Sobald ich im Auto sitze, verschwinden eigentlich alle Gedanken. Direkt vor dem Start ist die Konzentration am höchsten, dann richte ich meinen Blick nur nach vorne – und denke ans Überholen und Rennenfahren.
Sie fahren mit rund 260 km/h. Haben Sie nie Angst?
In Miami hat es so stark geregnet, dass wir kaum etwas sehen konnten. Vor mir fuhr eine Fahrerin ohne eingeschaltetes Regenlicht – ich wäre beinahe aufgefahren. Das sind Momente, in denen man sich denkt: „Okay, jetzt wird‘s gefährlich.“ Aber wenn es wirklich zu riskant ist, wird ohnehin nicht gefahren. Und sobald man im Auto sitzt und das Rennen läuft, darf man keine Angst haben.
Wie sind Sie als Autofahrerin im Straßenverkehr unterwegs?
Ganz normal. Ich habe seit eineinhalb Jahren meinen Führerschein und bisher noch keinen Strafzettel bekommen (lacht).
Wie reagieren die Leute, wenn Sie erzählen, dass Sie Rennfahrerin sind?
Viele glauben es mir anfangs nicht. Am Ende ist es aber immer cool, weil die Neugier groß ist und die Leute sich dann richtig dafür interessieren.
Wer waren bzw. sind Ihre wichtigsten Mentoren und Unterstützer?
In erster Linie meine Eltern – ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute stehe. Von Anfang an haben sie mir alles ermöglicht. Dazu kommt mein Freund, der immer an meiner Seite ist und mich unterstützt. Mama, Papa oder Hannes – zumindest einer von ihnen ist bei jedem Rennen an meiner Seite. Dieses starke Rückgrat aus Familie und Partner bedeutet mir unglaublich viel.
Haben Sie in der Formel 1 ein Vorbild?
Sebastian Vettel war in seiner aktiven Zeit definitiv eines meiner größten Vorbilder.
Sie leben nicht gerade das klassische Teenager-Leben. Gibt es etwas, das Sie vermissen?
Im Schnitt bin ich im Monat meistens nur anderthalb Wochen zuhause. Natürlich vermisse ich die Zeit mit meinen Freunden. Partymachen mit Alkohol gehört bei mir nicht dazu, das bin ich einfach nicht. Deshalb bin ich auch nicht traurig, wenn ich das verpasse.
Wenn Sie nicht auf der Rennstrecke sind, wo tanken Sie Energie?
Zu Hause bei meiner Familie in Buchkirchen. Dort fühle ich mich wohl und verbringe meist den ganzen Tag. Da ich ohnehin so viel unterwegs bin, habe ich dann gar nicht das Bedürfnis, groß etwas zu unternehmen.
Und wie gehen Sie mit Jetlag um – haben Sie schon eine Geheimwaffe gefunden?
Nein, ein richtiges Geheimrezept habe ich noch nicht. Es ist von Rennen zu Rennen unterschiedlich. Am besten ist es, zwei Tage vorher vor Ort zu sein, um sich zu akklimatisieren. Das hilft zumindest ein wenig.
Die F1 Academy klingt nach echter Frauenförderung im Motorsport. Sehen Sie das auch so?
Ja, absolut. Das Ziel ist klar: Eine Frau soll es in die Formel 1 schaffen. Die Unterstützung, die wir von der F1 Academy und den Teams bekommen, ist wirklich beeindruckend – sowohl auf als auch abseits der Strecke. Von Fitness- über Ernährungscoaches bis hin zu mentaler Betreuung wird uns alles zur Verfügung gestellt, was wir brauchen. All diese Faktoren tragen letztlich zur Performance bei und machen den entscheidenden Unterschied.
Gibt es aktuell eine Fahrerin, von der Sie sagen, sie könnte es bis in die Formel 1 schaffen?
Das ist noch ein weiter Weg – wir fahren im Moment auf Formel-4-Niveau. Die Britin Abbi Pulling, F1 Academy Champion 2024, fährt inzwischen in der britischen Formel 3 (GP3). Sie ist auf jeden Fall sehr stark, aber im Motorsport kann sich von einem Tag auf den anderen alles ändern.
Ist der Sport generell für Frauen schwieriger?
Oft heißt es, die körperliche Kraft sei das größte Hindernis. Ich denke, Frauen müssen zwar intensiver trainieren, aber unmöglich ist es nicht. Früher fehlten vor allem weibliche Vorbilder. Am Ende spielen jedoch viele Faktoren eine Rolle: Talent, das richtige Timing, der passende Ort – und nicht zuletzt die finanziellen Mittel. Selbst bei den Männern gelingt nur wenigen der Sprung nach ganz oben, obwohl es unglaublich viele versuchen.
Gibt es Vorurteile, mit denen Sie als junge Frau zu kämpfen haben?
Ja, die gibt es. Im Kartsport habe ich früher öfter gehört: „Warum lässt du dich von einer Frau überholen?“ Aber das hat mich nie runtergezogen – im Gegenteil, es hat mich nur noch mehr motiviert, schneller zu fahren(lacht).

Beim Grand Prix in Spielberg hatten Sie mehrere Medienauftritte, unter anderem als Co-Analystin für den ORF. Wie gehen Sie mit dieser Aufmerksamkeit um?
Am Anfang war es ungewohnt, aber es hat mir Spaß gemacht – vor allem die Rennanalyse in Spielberg für den ORF. Mein allererster Medienauftritt war in Shanghai bei ServusTV, und da dachte ich nur: „Wow, ihr wollt wirklich etwas von mir?“ Es war ein komisches, aber gleichzeitig aufregendes Gefühl.
Welche Ziele haben Sie für die kommenden Jahre? Bleiben Sie in der F1 Academy?
In der F1 Academy darf man maximal zwei Jahre fahren – danach ist Schluss. Ich möchte auf jeden Fall auch nächstes Jahr wieder dabei sein, aber das entscheidet letztlich mein Team. In den kommenden Wochen werde ich hoffentlich erfahren, wie es weitergeht, damit ich auch meine weiteren Programme planen kann. Mein großes Ziel für 2026 ist ganz klar: die Meisterschaft zu gewinnen.
Und wenn einmal etwas nicht so läuft – wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Das hat man in Montreal ganz gut gesehen. Natürlich war ich nach dem ersten Rennen richtig enttäuscht, weil ich weiß, dass mehr möglich gewesen wäre. Aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen. Oft ist es sogar so, dass nach einer Niederlage das nächste Rennen besonders stark läuft. Niederlagen gehören zum Lernprozess einfach dazu, und am Ende machen sie einen nur stärker.
Welchen Rat haben Sie für Mädchen und Frauen, die vom Motorsport träumen?
Mein Motto steht auf meinem Helm: „Follow your dreams.“ Ich finde, man sollte es einfach probieren – ob es am Ende aufgeht oder nicht, entscheidet das Schicksal. Aber den Versuch sollte man unbedingt wagen.
In Kürze
Glücklich macht mich … Erfolg.
Niemals vergessen werde ich … meinen ersten Sieg in Montreal.
Schwach werde ich bei … Make-up.
Es motiviert mich, … wenn ich schnelle Rundenzeiten fahre.
Es ärgert mich, … wenn nichts nach Plan läuft.
Mein Motto: „Follow your Dreams.“
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