Ulrike Asamer: Die mit den Nadeln

Kunstwerke aus Kanülen

5 Min.

Metallkünstlerin Ulrike Asamer aus Gmunden macht Kunstwerke aus Kanülen und gründete damit den "Kanülismus". ©privat

Jeder kennt sie, viele fürchten sie: Hohlnadeln, die zum Aufziehen von Medikamenten verwendet werden. Aus diesen sogenannten Kanülen gründete die Ohlsdorfer Metallkünstlerin Ulrike Asamer (44) ihre eigene Kunstrichtung, den „Kanülismus“. Einen Querschnitt ihres bisherigen Schaffens kann man von 4. bis 20. Oktober bei einer Ausstellung in der HIPP-Halle in Gmunden sehen.

Kunstform: Kanülismus

Ob Hirsch, Hummer, Schwein, menschlicher Körper oder abstrakte Formen – man muss schon sehr genau hinschauen, um zu erkennen, dass Ulrike Asamers Kunstwerke aus Kanülen bestehen. Jeder kennt sie, viele fürchten sie: Hohlnadeln, die zum Aufziehen von Medikamenten verwendet werden. Dass Ulrike Asamer aus diesen Kanülen Kunstwerke macht und damit sogar ihre eigene Kunstform, den „Kanülismus“, gegründet hat, kommt nicht von ungefähr. Kultur und Medizin sind für die 44-Jährige die beiden essentiellsten Säulen der Menschheit, und die Ohlsdorferin ist in beiden Bereichen ausgebildet.

Von der Medizin zur Kunst

Viele Jahre arbeitete sie in ihrem ursprünglichen Beruf in der Anästhesiepflege und als Phlebotomistin (Anm. d. Red.: nimmt Menschen Blut ab), ehe sie sich mit 27 Jahren entschied, ihre Leidenschaft für die Kunst zu verfolgen und ein Masterstudium an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz absolvierte. „Je mehr ich mich mit der Kunst beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass dies mein Weg ist,“ erklärt sie. Dennoch arbeitete sie noch einige Jahre Teilzeit im Krankenhaus, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ihre künstlerische Ader lebte sie nebenbei in Theaterproduktionen und Szenografien aus.

Kanülen habe ich in der Krankenpflege sicher hunderttausendfach in der Hand gehabt.

Ulrike Asamer

Kanülen transportieren Botschaften. Seit 2022 ist Ulrike nun hauptberuflich als Künstlerin tätig und konzentriert sich neben ihren Arbeiten aus Metall auf den „Kanülismus“. „Kanülen habe ich in der Krankenpflege sicher hunderttausendfach in der Hand gehabt“, lacht sie und erzählt, dass sie die Leidenschaft zum Arbeiten mit den Händen von ihrem Vater geerbt hat. „Eine Kanüle oder eine Hohlnadel ist das präziseste Werkzeug, mit dem man punktgenau Reize setzen kann.

Sie verbindet das Äußere und Innere durch verschiedene Schichten und Phasen“, erklärt sie. Noch wichtiger ist der Künstlerin, dass man über sie Botschaften transportieren kann. Diese Grundeigenschaften, die in der Medizin zum Injizieren von Medikamenten oder zum Blutabnehmen genutzt werden, übernimmt sie symbolisch und metaphorisch in ihre Arbeiten. „Deshalb finde ich dieses Material so spannend“, so Ulrike Asamer.

Ulrike Asamer in ihrer Werkstatt in Ohlsdorf. © Daniela Köppl

Zweites Leben für Kanülen

Wie darf man sich die Entstehung eines Kunstwerkes vorstellen? „Ich arbeite mit Kanülen und Draht und forme daraus Drei- und Vierecke, also Polygone, um die Oberfläche und die Hülle eines Körpers darzustellen. Bei den Tierdarstellungen ist es logisch und einfach, weil das bekannte Körper sind“, erklärt Ulrike Asamer. Als Beispiel für komplexere Darstellungen hat sie die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel gestaltet, die aktuell in Ansfelden im Bruckner Artsymposium ausgestellt sind.

Was das Material betrifft, so verwendet sie Einmalprodukte, die zum Aufziehen von Medikamenten auf Intensivstationen und in der Anästhesie verwendet wurden und nicht infektiös sind. „Diesen gebe ich ein zweites Leben in Form eines Kunstwerks. Dadurch werden sie konserviert und erhalten eine neue, unendliche Existenz“, schildert sie.

Ich bleibe dran, weil ich weiß, dass ich damit meinen Bekanntheitsgrad genauso pointiert wie die Nadeln steigern kann.

Ulrike Asamer

Meditative Tätigkeit

Die Arbeit mit Kanülen und Draht beschreibt die Künstlerin als meditative Tätigkeit, die viel Zeit und Geduld erfordert. „Meine Rubin-Vase, eine dreidimensionale Skulptur, besteht aus etwa 8.000 Kanülen und ist zwei Meter hoch. Daran habe ich 130 Stunden gearbeitet“, so Ulrike, was die Intensität und den Aufwand dieser Kunstform verdeutlicht.

Neben ihrer Arbeit in der Werkstatt oder im Atelier betreibt sie viel Netzwerkarbeit und hat durchschnittlich acht bis zehn Ausstellungen pro Jahr, meist Gruppenausstellungen in Österreich. Ihre größten Erfolge waren die Teilnahme an der „Parallel Vienna“, eine der größten zeitgenössischen Kunstmessen in Österreich und die „Biennale Internationale Donna“ in Triest. „Dafür habe ich mich vergangenes Jahr beworben und drei Arbeiten eingereicht, die allesamt angenommen wurden“, freut sie sich.

Ulrike Asamer arbeitet mit Kanülen und Draht und formt daraus Dreiecke und Vierecke, also Polygone, um die Oberfläche und die Hülle eines Körpers darzustellen. © Daniela Köppl

Vor kurzem haben mich zwei Personen bei einer Kulturveranstaltung gefragt, ob ich die Künstlerin mit den Nadeln bin“, so Ulrike und beweist damit, dass sie mit ihrer einzigartigen Formensprache und ihrer Arbeit mit Kanülen einen Wiedererkennungswert geschaffen hat. „

Wenn man eine Sache lange genug macht, wird man bekannt,“ zitiert sie eine Professorin aus ihrem Studium und ist heute froh darüber, dass sie trotz anfänglicher Zweifel und Widerstände an ihrer Vision festgehalten hat. „Ich habe recherchiert und festgestellt, dass ich die Einzige bin, die so arbeitet. Deshalb bleibe ich dran, weil ich weiß, dass ich damit meinen Bekanntheitsgrad genauso pointiert wie die Nadeln steigern kann,“ sagt sie abschließend.

Ausstellung in der Hipp Halle

Von 5. bis 20. Oktober 2024 präsentiert Ulrike Asamer unter dem Titel „Kanülismus & Metall“ 80 Werke in der HIPP Halle Gmunden. Eröffnung: 4. Oktober 2024, 19 Uhr

Öffnungszeiten:
5., 6., 11., 12., 13. und 18. Oktober jeweils von 10 bis 18 Uhr, und 20. Oktober – Tage der offenen Ateliers – oder nach telefonischer Vereinbarung unter 0650/701 47 11. Weitere Infos: www.ulrikeasamer.at oder auf Instagram: @u_awesamer

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