
Sisterhood ist kein Modewort
„Ich wollte einen Raum schaffen, in dem Frauen wachsen können“, sagt Brigitte Maria Gruber, und das ist ihr gelungen.
©Karin Hackl
Vor 20 Jahren hat die Kommunikationswissenschaftlerin und Unternehmensberaterin die Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee gegründet und seither mehr als 8.500 Frauen mit viel Herz und Expertise begleitet.
Mit der Gründung ihrer Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee (FFA) vor 20 Jahren, hat Konsulentin Mag. Brigitte Maria Gruber Pionierarbeit geleistet und einen einzigartigen Ort für weibliche Weiterbildung, Vernetzung und Persönlichkeitsentwicklung geschaffen. In dieser Zeit ist aus ihrer Vision ein starkes Netzwerk geworden – sichtbar, wirksam und laut.
Frau Mag. Gruber, was hat Sie dazu motiviert, vor 20 Jahren die Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee (FFA) zu gründen?
Ich habe damals unter der Leitung von Medienfrau Doris Schulz das überparteiliche Polittraining des Frauenreferates Land OÖ absolviert. Die Atmosphäre unter den Frauen und der Tiefgang in den Diskussionen haben mich nachhaltig beeindruckt. Ich wusste sofort: So einen Lernraum möchte ich auch schaffen. Ich setzte mich hin, schrieb ein Konzept – mit außergewöhnlichen Referentinnen, besonderen Themen und einem Ambiente, das inspiriert. Das Schloss Mondsee war dafür der perfekte Ort.
War es schwierig, das Projekt auf die Beine zu stellen?
Das war echte Pionierarbeit. Ich habe die Frauen:Fachakademie allein aufgebaut – mit viel Idealismus und zwei Nebenjobs. Es gab eine kleine Anschubfinanzierung, aber keine breite politische Unterstützung. Die damalige Frauenbeauftragte Brigitte Lohnecker hat mich jedoch ermutigt, das Projekt in Angriff zu nehmen.
Sie setzen sich vehement für Frauen ein. Wer hat Sie stark gemacht? Gab es Mentorinnen oder Mentoren?
Ja, allen voran meine Mutter, eine liebevolle, starke Frau, die uns Kindern gezeigt hat, dass man auch aus wenig viel machen kann. Ein weiterer wichtiger Mensch war Edith Dieker, die ich 1994 während meines Studiums in Salzburg kennengelernt habe. Sie gründete das Frauennetzwerk „Business and Professional Women“ und begleitete mich über viele Jahre hinweg. Auch die Agenturchefin, bei der ich während des Studiums arbeitete, hat mich immer wieder ermutigt. Frauen, die an mich geglaubt haben, haben mir Kraft gegeben.
Das Konzept des Management-Lehrgangs ist einzigartig im deutschsprachigen Raum. Was macht diesen Lehrgang so besonders?
Der Lehrgang ist einzigartig, weil er Management und Spiritualität auf eine Weise verbindet, wie man es bisher kaum findet. Zentral ist die Persönlichkeitsbildung, nur wer sich selbst kennt, kann andere Menschen besser führen. Mir ist wichtig, dass wir in Unternehmen einen achtsamen, menschlichen Blick auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter legen. Denn wenn sich die Atmosphäre verändert, wirkt sich das unmittelbar auf den Output aus. Genau diesen Wandel stoßen wir mit dem Lehrgang an. Es braucht jetzt mehr denn je ein bewusstes, werteorientiertes Miteinander.
Richtet sich das Angebot vor allem an Frauen in Führungspositionen?
Nein, mein Ziel war, jeder Frau Zugang zu ermöglichen – unabhängig von ihrer Position oder ihrem beruflichen Status. Dass der Lehrgang heute teilweise von Frauen in Führungsrollen besucht wird, hat sich über die Jahre entwickelt. Jede Frau, die bereit ist, sich auf einen persönlichen Entwicklungsprozess einzulassen, fördert auch andere Frauen, ein Domino-Effekt entsteht: Eine gestärkte Frau inspiriert die nächste, und so geht es immer weiter.

Nur wer sich selbst kennt, kann andere besser führen.
Brigitte Maria Gruber
In diesen 20 Jahren – wie haben sich die Frauen oder auch ihre Ansprüche entwickelt? Hat sich da viel getan?
Auf jeden Fall. Was ich heute in unseren Seminaren und im Management-Lehrgang ganz deutlich beobachte, ist ein viel größeres Bewusstsein bei Frauen für strukturelle Ungleichheiten. Themen wie ungleiche Bezahlung – der Gender Pay Gap – oder auch die Pensionslücke zwischen Frauen und Männern sind heute präsent und sichtbar. Vor 20 Jahren war das noch ganz anders.
Was hat sich in Sachen Netzwerke und Seilschaften getan?
Es hat sich viel bewegt: Inzwischen gibt es zahlreiche Angebote speziell für Frauen, und viele Netzwerke sind auf einem beeindruckend professionellen Niveau organisiert. Was ich forcieren will, ist mehr gegenseitige Unterstützung unter Frauen. Unser größtes Potenzial liegt darin, einander zu stärken – nicht zu konkurrieren. Das beginnt im Kleinen: Kontakte weitergeben, sich vernetzen, ein ehrlicher Rat – genau solche Gesten machen den Unterschied.
In Kooperation mit dem Frauenreferat OÖ veranstaltet die Frauen: Fachakademie Schloss Mondsee die #BeWirkwerkstatt. Können Sie kurz erklären, worum es dabei geht?
Das Programm besteht aus acht Modulen und richtet sich an Frauen, die gesellschaftlich oder politisch aktiv werden möchten und dabei Orientierung suchen. Es vernetzt Frauen, vermittelt Know-how und ermutigt zur Mitwirkung in Gemeinden, Institutionen oder Vereinen. Mit Expertinnen wie der Philosophin Lisz Hirn oder der Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik will die #BeWirkwerkstatt Frauen befähigen, konkrete Veränderungen anzustoßen. Denn wo Frauen mitgestalten, verändert sich nicht nur die Kommunikation, sondern auch der Output.
Gibt es in Sachen Weiterbildung bei Frauen eine Hemmschwelle?
Vor allem Frauen über 40 zögern teilweise wegen Zeitaufwand und Kosten. Unsere Angebote sind Ö-Cert-zertifiziert und finanziell förderbar, zum Beispiel über das Bildungskonto. Wichtig ist: 2025 sollte Geld kein Hindernis mehr für Weiterbildung sein. Was zählt, sind Information und Offenheit. Einfach anrufen, gemeinsam finden wir eine Lösung.
Was wünschen Sie sich für die nächsten 20 Jahre?
Mein Wunsch ist, dass es für Frauen weiter nach vorne geht – und nicht zurück. In manchen Bereichen beobachte ich Rückschritte. Was cool wäre, wären mehr männliche Förderer, die Frauen gezielt stärken. An den entscheidenden Hebeln von Macht, Geld und Gestaltung sitzen noch immer vielfach Männer. Diversity ist kein Nice-to-have, sondern essenziell – und meint mehr als nur das Verhältnis von Männern und Frauen. Es geht auch um unterschiedliche Perspektiven, Altersvielfalt, und Lebenserfahrungen. Unsere Gesellschaft ist bunt – und genau das sollte sich in Unternehmen widerspiegeln.
Haben Sie abschließend noch eine Message an uns Frauen?
Erstens: Steht auf, wo immer ihr könnt – und bringt euch ein! Zweitens: Achtet auf eure Finanzen, denn finanzielle Absicherung ist entscheidend. Drittens: Sprache wirkt. Macht euch nicht selber kleiner. Das beginnt oft schon mit Füllwörtern wie „ein bisschen“ und „eigentlich“. Sagt klar und selbstbewusst, was ihr könnt. Und: Zusammenhalt ist wesentlich. Sisterhood ist kein Modewort, sondern ein kraftvolles Prinzip.
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