Plötzlich Pflegebedarf – wohin jetzt?

Sonja Schlichtner vom Entlassungsmanagement am Klinikum Wels-Grieskirchen im Interview.

4 Min.

Sonja Schlichtner © Klinikum Wels-Grieskirchen/Nik Fleischmann

Eine Operation, ein Unfall oder eine plötzliche Erkrankung können nach dem Aufenthalt im Spital einen Bedarf an persönlicher Unterstützung im täglichen Leben zur Folge haben. Wo und wie man kurzfristig Hilfe findet, darüber beraten die Expertinnen vom Entlassungsmanagement Patienten und deren Angehörige.

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Vorwiegend betrifft es ältere Menschen, die nach einer Operation auf Unterstützung angewiesen sind. Aber auch jüngere Menschen, die nach einem Sport- oder Verkehrsunfall in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind und alleine wohnen, benötigen für einen absehbaren Zeitraum fremde Hilfe. Wer unterstützt mich bei der Körperpflege? Wer wechselt meinen Verband? Wo stelle ich einen Antrag auf Pflegegeld?

Mit diesen und weiteren Fragen sind Patienten wie Angehörige plötzlich konfrontiert. Am Klinikum Wels-Grieskirchen gibt es seitens der Pflege eine eigene Einrichtung „Entlassungsmanagement“ an beiden Standorten, Wels und Grieskirchen. Die Expertinnen sind Diplomierte Pflegekräfte und ausgebildete „Case- und Care-Managerinnen“. Das Team vom Entlassungsmanagement unterstützt Patienten, die sich stationär im Klinikum befinden, und deren Angehörige in allen Belangen rund um Pflege und Betreuung. Wir haben bei Sonja Schlichtner vom Entlassungsmanagement am Klinikum Wels-Grieskirchen nachgefragt. 

Sonja Schlichtner im Interview

Frau Schlichtner, wenn für einen Angehörigen nach einem Krankenhausaufenthalt die Pflege daheim nicht mehr gewährleistet ist, inwieweit kann das Entlassungsmanagement helfen?

Sonja Schlichtner: Gemeinsam mit den Patienten und deren Angehörigen arbeiten wir einen Plan aus und orientieren uns dabei an den Ressourcen im Umfeld des Patienten und an seinen Wünschen. Die Angehörigen erhalten alle Kontakte und die nötigen Informationen, um die Organisation der Unterstützung gut durchführen zu können. 

Wann sollten sich Angehörige an das Entlassungsmanagement wenden?

Im Idealfall informiert man sich bereits bevor ein Bedarf auftritt, somit entsteht keine „Notsituation“, man weiß bereits welche Angebote es gibt, für welchen Bedarf man Unterstützung anfordern kann. Es ist dann auch möglich, den Wohnraum so gut wie möglich barrierefrei zu gestalten, ohne Zeitdruck bzw. sich Gedanken zu machen, ob eventuell ein Wechsel z.B. in eine betreubare Wohnform sinnvoll wäre. 

Ansonsten ist ein Leitsatz im Case und Care Management „Die Entlassung beginnt mit der Aufnahme“. Die Entlassung aus der Akutversorgung wird erfolgen, sobald die medizinische Betreuung abgeschlossen ist. 

Ist das Entlassungsmanagement im Klinikum auch am Wochenende erreichbar?

Wir sind von Montag bis Freitag erreichbar. Falls Angehörige nur am Wochenende ins Klinikum kommen können, hinterlegen wir Unterlagen und unsere Visitenkarte, die Angehörigen können
uns dann am Montag telefonisch kontaktieren. Wir ersuchen immer um telefonische Terminvereinbarung, falls ein
persönliches Beratungsgespräch gewünscht ist, bzw. beraten auch sehr gerne telefonisch. Dies ist für die oftmals berufstätigen Angehörigen meist einfacher und wir übermitteln Unterlagen auch gerne per Email. Bei Fragen können die Angehörigen uns erneut kontaktieren und wir suchen gemeinsam nach Lösungen. 

Inwieweit kann das Entlassungsmanagement helfen, wenn nach dem Krankenhausaufenthalt kein Platz in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung gefunden wird?

Wir empfehlen betreffend einer Kurzzeitpflege, nicht nur im Wohnbezirk anzufragen. Oftmals ist in umliegenden Bezirken eine Verfügbarkeit gegeben. Wir wissen, dass dies nicht immer die ideale Lösung ist, weil man den Angehörigen „in der Nähe haben“ möchte. Da es sich jedoch um eine vorübergehende Betreuung handelt, sollte man sich in diesem Fall eher an den Verfügbarkeiten orientieren als an der Nähe zum Wohnort. 

Gibt es dahingehend auch noch andere Lösungen?

Eine weitere Option ist eine „Kurzzeitpflege in den eigenen vier Wänden“ durch eine 24h-Betreuungsagentur. Man kann auch diese Betreuung für einige Wochen in Anspruch nehmen und im Anschluss z.B. eine Unterstützung durch die Hauskrankenpflege organisieren. 

Für welche Aufgaben ist das Entlassungsmanagement zuständig? 

Das Entlassungsmanagement ist eine Beratungsstelle. Wir beraten beispielsweise über Hilfsmittel wie Pflegebett, Rollator usw., stellen auch Verordnungsscheine aus, geben Kontakte zu den Bandagisten bekannt. In Einzelfällen werden auch Rollatoren ins Klinikum geliefert, im Normalfall obliegt die Organisation der Hilfsmittel jedoch den Angehörigen.

Organisieren Sie auch Hilfen wie Mobile Dienste oder Kurzzeitpflege?

Generell organisieren wir keine Unterstützungsmöglichkeiten. Diese sind kostenpflichtig und die Entscheidung, ob man sich dies finanziell leisten kann und möchte, obliegt den Patienten bzw. den Angehörigen. Auch die Mobilen Dienste möchten mit Patient und Angehörigen direkt Kontakt haben, um sich ein Bild von der Situation zu Hause machen zu können. Bei Kurzzeitpflege oder Heim-
aufnahme werden von den Behörden immer persönliche Unterlagen benötigt, die wir nicht bereitstellen können, somit sind auch hier die Angehörigen gefragt, dies zu übernehmen. Wir informieren über Zuständigkeiten und Ablauf bei der Organisation, ebenso verhält es sich z.B. bei der Organisation einer 24h-Betreuung. 

Was geschieht, wenn jemand keine Angehörigen hat?

Sollten Patienten ohne Angehörige oder Bezugspersonen wie Freunde oder  Nachbarn Mobile Dienste benötigen, telefonieren wir natürlich gerne gemeinsam mit den Patienten.

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