Covermodell Leandra Procelli

Leandra Procelli: Baby on board

Studierte Juristin, Mama und Social-Media-Star

9 Min.

© Sarah Katharina Photography

Wenn Leandra Procelli lacht, lacht das ganze Netz mit. Die 32-jährige Influencerin, die in Wien lebt, gilt längst als die „Celeste Barber von Österreich“ – charmant, scharfzüngig und mit einem unverwechselbaren Gespür für Timing und Selbstironie.

Was sie macht, ist mehr als Comedy: Sie hält uns mit feinem Witz und erstaunlicher Beobachtungsgabe einen Spiegel vor – Mütter, Mode, Alltag, Selbstinszenierung inklusive. Dabei ist Leandra alles andere als eine typische Influencerin. Die gebürtige Bad Ischlerin ist studierte Juristin, Mutter eines fünfjährigen Sohnes und mittlerweile Vollzeit-Creatorin mit Management, Mitarbeiterin und einer treuen Community. Ihre Videos sind pointiert, aber nie böse. Ihre Haltung: echt, reflektiert und uneitel.

Beim ersten Shooting mit Babybauch zeigt sich Leandra so, wie sie ist: stark, witzig und wunderbar unaufgeregt. Im Interview spricht sie offen über den Spagat zwischen Kind, Karriere und Klickzahlen.

Covermodel Leandra Procelli
© Sarah Katharina Photography

Leandra, Sie sind in Bad Ischl aufgewachsen, wie lange haben Sie dort gelebt, und trifft man Sie dort noch manchmal an?
Bis zu meinem 22. Lebensjahr habe ich in Bad Ischl gelebt. Ich habe dort das Gymnasium absolviert und danach in Salzburg Jus studiert. Anschließend bin ich der Liebe wegen nach Wien gezogen. Heute komme ich so alle zwei Monate nach Hause ins Salzkammergut. Meistens besucht mich meine Mama in Wien.

Haben Sie in Wien als Juristin gearbeitet?
Ja, ein Jahr lang, in der Rechtsabteilung eines Modeunternehmens. Es hat mir aber nicht wirklich Spaß gemacht. Ich wollte etwas Kreatives machen. Dann bin ich schwanger geworden und habe zwei Monate vor der Geburt gekündigt – sehr „clever“ geplant (lacht). Schon während der Schwangerschaft habe ich Instagram-Accounts für andere betreut, zum Beispiel für einen Babyshop. Ich machte Fotos, schrieb Blogeinträge, postete. Irgendwann dachte ich mir: Wenn ich das für andere kann, kann ich es auch für mich selbst machen. Außerdem lässt es sich mit Kind gut vereinbaren. So hat alles angefangen.

Ich bin nicht perfekt, und genau das funktioniert.

Leandra Procelli

Warum haben Sie Jus studiert? Waren Sie familiär vorbelastet?
Nein, überhaupt nicht. Ich wusste einfach nicht, was ich sonst machen sollte. Mit Jus machst du nichts falsch, dachte ich, und das stimmt auch. Aber mir macht der jetzige Job richtig viel Spaß. Das ist ein Segen.

Sie haben in Salzburg studiert, wo Jus-Studierende ja immer ein ganz besonderes Auftreten hatten …
(lacht) Ja, ich war selbst Teil der Burberry-Schal-Fraktion. Damals gab es die „Neverfull“ von Louis Vuitton noch nicht, aber es war eine Art Uniform. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es gemacht habe. Wenn ich sage, ich habe Jus studiert, gibt das Legitimation. Die Leute denken sich: „Die ist nicht ganz ohne.“

Manche nennen Sie die „Celeste Barber von Österreich“. Haben Sie Ihre Social-Media-Karriere mit einem klaren Konzept gestartet?
Nein, überhaupt nicht. Am Anfang dachte ich, erfolgreiche Instagrammerinnen sind alle ästhetisch, ruhig, „satt“. Das bin ich nicht. Ich bin chaotisch, bunt, laut. Zuerst wollte ich trotzdem „schön“ posten, aber das war einfach nicht authentisch. Dann habe ich auf TikTok längere Comedy-Videos gestellt – mit Greenscreen, Stereotypen, Mutterrollen. Die ersten Clips waren totale Flops, aber ab dem dritten oder vierten wurde geteilt und ich stellte sie auch auf Instagram, dann ging‘s richtig los.

Covermodel Leandra Procelli
© Sarah Katharina Photography

War Ihnen Authentizität wichtiger als ein Konzept?
Ja. Authentizität ist das Wichtigste. Aber ab einem gewissen Punkt braucht man ein Konzept, sonst verzettelt man sich. Je kommerzieller es wird, desto mehr denkt man über jede Entscheidung nach. Und natürlich gehört auch Glück dazu.

Wann hatten Sie das Gefühl: Jetzt geht’s richtig los?
Anfang vorigen Jahres. Da habe ich mich vom Vater meines Sohnes getrennt. Plötzlich hatte ich mehr Fokus, mehr Energie. Genau in dem Monat lief es richtig gut. Innerhalb weniger Wochen kamen 100.000 Follower dazu.

Und ab wann konnten Sie davon leben?
Eigentlich ziemlich früh, aber gut leben konnte ich ab 100.000 Follower.

Wann haben Sie die 200.000er-Marke geknackt?
Vor etwa einem Monat. Es wächst stetig.

Hilft Ihnen das Jus-Studium in Ihrem heutigen Job?
Am Anfang habe ich meine Verträge selbst geprüft, aber ich hatte damals überhaupt kein Gefühl für Preise oder Nutzungsrechte und war oft viel zu günstig. Heute macht das mein Management. Es kümmert sich um mein Postfach, beantwortet Anfragen, sortiert, priorisiert.

Wie gehen Sie mit Copycats um, also wenn andere Ihre Ideen übernehmen?
Ärgern bringt nichts. Am Ende zählt Persönlichkeit, und die kann man nicht kopieren. Comedy funktioniert für mich gut, inzwischen machen das viele, besonders auch Frauen. Man muss sich in der Branche durchsetzen und immer wieder neu erfinden, denn die Szene ist nicht immer angenehm.

Wie nennen Sie Ihren Beruf heute – gerade gegenüber Ihrer ehemaligen Juristenblase?
Früher habe ich gesagt: „Marketing, Content, digitale Medien …“ – alles, nur um nicht „Influencerin“ sagen zu müssen (lacht). Heute sage ich selbstbewusst: „Content Creatorin“. Da rollen manche mit den Augen. Und fast immer kommt die Frage: „Kannst du davon leben?“ Das fragt niemand bei einer Fotografin oder Friseurin. Dabei ist es ein sehr lukratives Business, so viel hätte ich als Juristin nie verdient.

Ich möchte, dass mein Sohn Luis so spät wie möglich soziale Medien nutzt, ohne uncool zu sein.

Leandra Procelli

Sie verstecken Werbung in Ihren Posts ziemlich gut.
Die Kunst ist, Unterhaltung und Werbung in Balance zu bringen. Ich muss voll und ganz hinter einem Produkt stehen, sonst mache ich es nicht. Ich habe Kooperationen abgebrochen, etwa mit einem Shampoo, das Schuppen verursacht hat. Bei Skincare arbeite ich nur mit Marken, bei denen ich weiß, dass die Produkte solide sind.

Wie sehen Sie den Algorithmus?
Oft heißt es, der Algorithmus bestraft mich; das stimmt so nicht. Er zeigt einfach, ob dein Content Menschen hält oder nicht. Plattformen wollen Verweildauer. Wenn Zuschauer nach ein paar Sekunden abspringen, wird das Video nicht weiter ausgespielt. Glück spielt eine Rolle, aber wer seine Zielgruppe versteht, hat einen Vorteil: Kommentare, Watchtime, Interaktion. Meine Wiedergabezeit liegt oft bei fast der gesamten Videolänge.

Geht der Trend weg vom Makellosen, hin zu Nahbarkeit?
Ja, absolut. Für Creator, die sich nur perfekt zeigen wollen, ist das schwierig. Man darf sich nicht fragen: „Was will ich zeigen?“, sondern „Was will die Community sehen?“

Erleben Sie Mama-Bashing?
Nein, das kommt eher bei Instagrammerinnen vor, die viel von ihren Kindern zeigen. Wer alles teilt, macht sich angreifbar. Ich halte mich bei sensiblen Themen zurück. In meinen Sketches verstecke ich mich hinter Charakteren; das ist mein Schutzmantel.

Es wird oft kritisiert, dass Kinder auf TikTok oder Instagram nicht merken, dass es Werbung ist. Wie sehen Sie das als Mutter?
In meiner Bubble sehe ich, wie gezielt vieles platziert wird. Viele Eltern sind da naiv. Ich möchte, dass mein Sohn Luis so spät wie möglich soziale Medien nutzt, ohne uncool zu sein. Kinder kommerziell zu nutzen, kommt für mich nicht infrage. Ich will nicht, dass Fremde über mein Kind diskutieren.

Covermodel Leandra Procelli
© Sarah Katharina Photography

Sie kündigen in der Oberösterreicherin Ihre zweite Schwangerschaft an, wann kommt das Baby?
Im April 2026 ist es so weit, also wahrscheinlich ein Widder. In der ersten Schwangerschaft zu Luis war ich ständig im Stress, wollte alles perfekt machen. Diesmal bin ich gelassener. Ich weiß, dass man nicht alles kontrollieren kann und dass das völlig okay ist.

Zeigen Sie Ihren Partner auf Social Media?
Er hätte kein Problem damit und ist total entspannt. Ich halte meine Beziehung aber bewusst privat. Im Urlaub sah man ihn einmal seitlich, und sofort kamen Reaktionen. Das brauche ich nicht.

Haben Sie sich online kennengelernt?
Ja! Er ist auch Jurist, und meine beste Freundin arbeitet in derselben Kanzlei wie er. Wir haben in meinem Podcast „Bad Mom Academy“ sogar eine Folge darüber gemacht.

Sie reden auf Social Media im Dialekt. Warum ist Ihnen das wichtig?
Das Salzkammergut-Ding hat man einfach in sich. Im Influencer-Alltag fällt mir auf: Wir reden fast alle Dialekt. Das ist schön, ein Stück Echtheit.

Sind Sie von Natur aus kreativ?
Ich denke oft: „Das kann doch jeder“, aber offenbar nicht. Kreativität kommt in Phasen. In den ersten Wochen der Schwangerschaft ging’s mir schlecht, da war ich kaum kreativ. Nach drei, vier Tagen ohne Output wird’s aber stressig, Social Media ist gnadenlos kurzlebig. Jetzt haben wir rund eineinhalb Jahre Content-Fundus und schauen, was man weiterentwickeln kann.

Wie viel Content produzieren Sie an einem Drehtag?
Manche schaffen 20 Videos, das ist Hardcore! Bei mir sind es maximal vier, weil der Aufwand groß ist: Requisiten, Kostüme, Charaktere, Greenscreen, all das braucht Vorbereitung. Seit ein paar Wochen habe ich auch eine Mitarbeiterin.

Sie haben ein Management und eine Angestellte, also ein Fulltime-Job?
Absolut. Viele fragen: „Was macht deine Mitarbeiterin den ganzen Tag?“ Man kann sich das schwer vorstellen, aber es füllt locker eine Vollzeitstelle: Organisation, Kommunikation, Planung, Backoffice.

Covermodel Leandra Procelli
© Sarah Katharina Photography

Der Job ist anspruchsvoll. Was motiviert Sie, weiterzumachen?
Man weiß nie, wie lange es so bleibt. Man muss gut vorsorgen, und wenn man sich nicht weiterentwickelt, bleibt man stehen. Heute bin ich viel strategischer. Ich analysiere Formate und überlege, wie ich mehr Persönlichkeit einbringen kann. Früher mochte ich das Format „GRWM“ (Get Ready With Me) gar nicht; heute bevorzuge ich diese Art von Content, da es meine Persönlichkeit zum Vorschein bringt. Mein Ziel: langfristig mehr „Ich“. Engagement ist die Währung.

Also: Business as usual?
Ja, aber eben viel durchdachter, als es aussieht. Jede Influencerin hat klare Ziele: Reichweite, Wachstum, Markenbindung. Trotzdem ist meine Community sehr positiv. Ein Beispiel: Wir waren vor Kurzem in einem Luxushotel auf Sardinien, und neben mir saß eine Frau, die ihren Urlaub wegen meiner Stories gebucht hatte. Es freut mich immer, wenn etwas so gut funktioniert.

Und Ihr schönstes Learning aus all dem?
Dass man ernsthaft erfolgreich sein kann, ohne sich zu ernst zu nehmen. Ich bin nicht perfekt, und genau das funktioniert.

In Kürze:

Glücklich macht mich, … wenn ich keinen Parkschein gestellt habe, zurückkomme und eine leere Windschutzscheibe sehe.

Niemals vergessen werde ich, … als ich im Krankenhaus von meiner ersten Schwangerschaft mit Luis erfahren habe. Der eigentliche Grund für meinen Besuch im Spital war nämlich eine Blasenentzündung.

Schwach werde ich bei … Trash-TV und Milchschnitten.

Es motiviert mich, … wenn Follower mir schreiben, dass ich sie zum Lachen bringe.

Es ärgert mich, … wenn ich unterzuckert bin und kein Ladekabel für mein Handy finde.

Mein Motto: „Nimm dich selbst nicht zu ernst.“

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