Künstlerinnenpreis: „Wir wollen Künstlerinnen sichtbar machen“
Dagmar Beutelmeyer und Pia Langmayr über den Künstlerinnenpreis, der heuer zum vierten Mal vergeben wird.
© Ana Mrvelj
Frauen haben die Kunstgeschichte geprägt, doch oft wurden ihre Werke übersehen oder unterschätzt. Mit dem Künstlerinnenpreis wollen die Soroptimistinnen das ändern und jungen Frauen eine Bühne geben. Ein Gespräch mit Dagmar Beutelmeyer, Präsidentin des Linzer Soroptimist Clubs Linz Fidentia, und Pia Langmayr, Projektleiterin des Künstlerinnenpreises 2025, über Sichtbarkeit, Förderung und den Mut, in die erste Reihe zu treten.
Frau Beutelmeyer, Sie sagen, Frauen würden die Kunstgeschichte heute neu schreiben. Was genau meinen Sie damit?
Dagmar Beutelmeyer: Wenn man in die Historie schaut, waren es fast immer Männer, die gefördert wurden. Frauen hatten schlichtweg keine Lobby. Genau da setzen wir an: Wir geben jungen Künstlerinnen eine Plattform und machen bewusst sichtbar, dass es sie gibt. Für sie ist es ein enormer Schritt, ihre Arbeiten einem breiteren Publikum präsentieren zu können. Der Künstlerinnenpreis, den wir alle zwei Jahre vergeben, ist mit insgesamt 13.000 Euro dotiert – das ist ein beachtlicher Betrag, mit dem wir wirklich etwas bewegen können.
Viele Frauen scheuen sich noch immer davor, in die erste Reihe zu treten.
Dagmar Beutelmeyer
Warum ist es wichtig, dass Frauen nicht nur als Künstlerinnen, sondern auch als Förderinnen sichtbar werden?
Beutelmeyer: Die Gesellschaft muss endlich anerkennen, dass Leistung und Wertigkeit von Frauen und Männern gleich sind. Frauen sind mindestens genauso gut, oft sogar besser ausgebildet. Aber viele scheuen sich noch immer, in die erste Reihe zu treten. Dieses „Bescheidenheitsgen“ steckt tief – ich habe selbst von meiner Mutter den Satz gehört: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Das funktioniert heute nicht mehr.
Pia Langmayr: In der Kunst ist die Ungleichheit besonders sichtbar. In Museen oder Galerien ist der Anteil an Künstlerinnen immer noch erschreckend gering. Schon in der Geschichte gab es viele großartige Frauen, die aber kaum wahrgenommen wurden oder nur Männern zugearbeitet haben. Und auch heute: An den Kunstunis ist die Mehrheit weiblich, aber in Ausstellungen und auf dem Markt dominieren Männer. Vielen Frauen fehlt das Sprachrohr – und manchmal auch das Selbstbewusstsein. Genau hier setzen wir mit unserem Preis an.
Warum ist Unterstützung gerade am Beginn der Laufbahn so entscheidend?
Langmayr: Weil finanzielle Sicherheit eine Grundvoraussetzung ist, um künstlerisch arbeiten zu können. Die Preisträgerinnen können sich dadurch stärker auf ihre Kunst konzentrieren und müssen keine Nebenjobs annehmen.
Beutelmeyer: Eine Preisträgerin hat mir erzählt, dass sie mit den 5000 Euro sechs Monate lang nicht kellnern muss. Sie konnte sich ganz auf ihre Arbeit fokussieren. Das zeigt: Es geht hier nicht nur um Anerkennung, sondern auch um wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Nur wenn Künstlerinnen sichtbar werden, können sie ihre Werke verkaufen – und damit auch von ihrer Arbeit leben.

Wie wird der Preis angenommen?
Langmayr: Sehr gut! Wir haben jedes Mal zwischen 35 und 50 Einreichungen. Und das trotz enger Kriterien: Der Preis richtet sich ausschließlich an Oberösterreicherinnen bis 35 Jahre. Beeindruckend ist nicht nur die Zahl, sondern vor allem die Qualität der Werke. Das zeigt, wie viele talentierte junge Frauen es hier gibt.
Beutelmeyer: Viele Menschen denken bei Kunst nur an Malerei. Aber wir sehen, wie vielfältig die Szene ist. Vor zwei Jahren hat etwa Linda Luse mit ihren großartigen Gen-Maispflanzen aus Keramik den ersten Preis gewonnen. Das war außergewöhnlich und hat gezeigt, wie breit das Feld ist.
Frau Langmayr, Sie leiten den Preis. Wie kam es dazu?
Langmayr: Ich interessiere mich sehr für Kunst und habe – denke ich – einen guten Zugang zu Künstlerinnen. Mir ist es wichtig, dass ihre Arbeiten nicht im Verborgenen bleiben. Wir haben in der Vergangenheit viel versäumt, weil Frauen kaum sichtbar waren. Umso wichtiger ist es, ihnen heute eine Bühne zu geben und ihre Werke einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
„Frauen unterstützen Frauen“ – was bedeutet dieses Motto für Sie?
Langmayr: Es ist die Grundidee der Soroptimistinnen. Wir fördern Mädchen und Frauen in Bildung, mit Stipendien, sozialen Projekten oder eben mit unserem Künstlerinnenpreis.
Beutelmeyer: Der Preis ist nur ein Teil unserer Arbeit. Ein großes Thema ist auch Gewalt gegen Frauen. Sie betrifft alle Schichten und Lebensbereiche. Wir unterstützen Frauenhäuser, finanzieren Wohnungen für Betroffene oder helfen Familien mit schwerkranken Kindern, die oft durch das soziale Netz fallen – von Physiotherapiestunden bis hin zu betreuten Urlaubsaufenthalten.
Sie haben Gewalt gegen Frauen angesprochen. Hat das Problem zugenommen?
Beutelmeyer: Leider ja. Früher wurden diese Themen totgeschwiegen, heute spricht man sie glücklicherweise offener an. Mit der weltweiten Aktion „Orange the World“ setzen wir im November ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt in Familien und gegen Frauen.
Langmayr: Auch wir verteilen in dieser Aktionswoche wieder unsere orangen Armbänder und Buttons. Solche Aktionen sind wichtig, um Bewusstsein zu schaffen und Dinge aufzuzeigen, die nicht fair gegenüber Frauen laufen.
Künstlerinnenpreis 2025:
Beim Soroptimist Künstlerinnenpreis kürt eine gut besetzte Fachjury – in diesem Jahr unter anderem Anna Artaker und Susanne Purviance – die Preisträgerinnen. Der Hauptpreis geht heuer an Lisa Reiter, die mit ihrer vielschichtigen künstlerischen Praxis überzeugt und deren von ihr weiterentwickelte Kleisterpapiertechnik sowie der Einsatz von Materialien wie Wachs und Metall von hoher handwerklicher Präzision zeugen.
Mit weiteren Preisen ausgezeichnet werden Gulim Askar, Elena Lengauer und Magdalena Maller.
Die offizielle Preisverleihung findet am Montag, 10. November, um 18 Uhr in der Galerie Salzamt Linz statt. Der Eintritt ist frei!
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