
Eva Wagner-Unter: Ich brauche keine Schulterklopfer
Nach 36 Jahren schließt sich ein ganz besonderes Kapitel in Linz: Eva Wagner-Unter, die Seele des Schlosscafes-Linz hoch über der Stadt, verabschiedet sich in den Ruhestand.
Eva Wagner-Unter © Mrvelj
Eva Wagner-Unter geht mit Wehmut – aber auch mit Stolz. Denn was sie in über drei Jahrzehnten geschaffen hat, ist weit mehr als ein Gastronomiebetrieb. Es ist ein Ort voller Leben, Geschichten und echter Menschlichkeit. Für viele hieß es nicht: Ich gehe ins Schlosscafe-Linz, sondern zur Eva auf den Schlossberg“.
„Es ist nicht einfach, loszulassen“, sagt sie. „Aber ich bin 67 und hoffe, dass noch viele gute Jahre für mich kommen.“ Mit dem Herzen wird sie wohl immer ein bisschen dort bleiben, wo sie so viele Sommer, so viele Begegnungen, so viele Feierlichkeiten und auch Schicksale miterlebt hat. „Ich habe bei manchen Familien von Taufen über Hochzeiten bis zu Zehrungen alles miterlebt. Das ist eine Verbindung, die bleibt.“
Ich habe bei manchen Familien von Taufen über Hochzeiten bis zu Zehrungen alles miterlebt. Das ist eine Verbindung, die bleibt.
Eva Wagner-Unter
Vom „Vanilli“ auf den Schlossberg
Dass Eva ihren Platz genau hier fand, war kein Zufall – aber auch kein Plan. Sie arbeitete damals als Barfrau im Linzer In-Lokal „Vanilli“ ihres Bruders Franz, der immer ein Vorbild und Stütze für sie war. Als sie eines Tages auf den Linzer Schlossberg spazierte, hat sie das leerstehende Lokal magisch angezogen und nicht mehr losgelassen. Dann hat sie diesen Platz ihrer Mutter gezeigt. Sie ging mit zur Besichtigung. Schaute sich alles an. Und sagte dann diesen Satz, der alles veränderte: „Wenn es jemand schafft, dann du.“
Aber es war nicht nur dieser eine Satz. Ihre Mutter hat ihr das gastronomische Handwerk von klein auf beigebracht. „Sie hat mir erklärt, dass ich immer eine Kleinigkeit für die Kinder der Gäste in der Lade parat haben muss und dass ich mich zuerst um die Frauen kümmern soll, weil die entscheiden, wohin sie gehen, nicht der Mann. Diese Regeln haben mich mein ganzes Berufsleben begleitet“, lacht sie.

Ein Leben für die Gastronomie
Eva Wagner-Unter kommt aus einer Gastro-Familie aus Prambachkirchen. Sie absolvierte die dreijährige Hotelfachschule in Bad Ischl und sammelte danach mehrere Jahre Auslandserfahrung als Au-pair in Paris, London, New York und Rom. Eine prägende Zeit: „Ich hab dort viel gesehen und erlebt – das hat mich innerlich gestärkt. Danach hat mir in der Gastronomie nichts mehr gefehlt“, erzählt sie.
Ihr Schlosscafe-Linz war allerdings weit mehr als ein Gastronomiebetrieb. Es war ein Treffpunkt, eine Institution. Und Eva war mittendrin, Tag für Tag. „Im Sommer gab’s keinen Ruhetag. Das Geschäft im Gastgarten musst du durchziehen. Wenn zwei Tage schlechtes Wetter ist und du zwei Ruhetage machst – dann geht sich das nicht aus“. Ihr Mann Harry unterstützte sie dabei. „Er hat immer akzeptiert, dass ich sieben Tage die Woche und auch abends arbeite. Im Winter war dann unsere Zeit.“ Kinder hatten die beiden keine – vielleicht war es das, was ihr erlaubte, sich mit so viel Hingabe dem Lokal zu widmen. Dabei war ihr Weg nicht immer einfach. „Der Job ist körperlich anstrengend und mir wurden auch so manche Steine in den Weg gelegt. Wenn du so ein Pflichtmensch bist wie ich, dann lässt du dir nichts durchgehen. Zum Schluss hab ich es gespürt, körperlich und emotional – aber ich habe es immer sehr gern gemacht. Und auch, wenn mir der Abschied schwerfällt, jetzt ist die Zeit reif,“ so Eva.
Zum Schluss hab ich es gespürt, körperlich und emotional – aber ich habe es immer sehr gern gemacht. Und auch, wenn mir der Abschied schwerfällt, jetzt ist die Zeit reif.
Eva Wagner-Unter
Menschen, nicht nur Mitarbeiter
Was sie vermissen wird? Die Gespräche. Die vertrauten Gesichter. „Ich weiß noch, wo Stammgäste saßen, die viel zu früh verstorben sind. Am meisten werden mir aber meine Leute fehlen.“ Einige Mitarbeiter sind vor 17 Jahren aus Bangladesch gekommen, als politische Flüchtlinge, unbegleitete Jugendliche. Und ich habe mich ihrer angenommen. Sie haben bei mir nicht nur Arbeit gehabt, sondern irgendwo auch ein Daheim gefunden. Es war ein Geben und ein Zurückbekommen – auf Augenhöhe“, erzählt Eva. Viele Mitarbeiter sind über Jahre geblieben. Aus Flüchtlingen wurden Familienväter. „Ich spreche oft mit ihren Kindern über Videotelefonie und auch wenn wir uns sprachlich nicht verstehen, verstehen wir uns menschlich. Ihre Kinder sagen zu mir: „I love you, Mum“! Das sind Bindungen, die gehen über den Job hinaus.“ Eva hat nie zwischen Nationalitäten unterschieden. „Vielleicht, weil ich selbst im Ausland war. Ich bin offen. Ich seh die Menschen – und ich glaub, das spüren sie.

Ein Lebenswerk in neuen Händen
Seit 21. Mai dieses Jahres hat das Schlosscafe-Linz neue Gastgeber. Eva begleitet das Team noch eine letzte Saison lang – nicht mehr in Verantwortung, aber als Mentorin mit Herz, Erfahrung und wachem Blick. Rückblickend sagt sie: „Ich brauche keine Schulterklopfer. Ich weiß, was ich geleistet hab.“ Und doch ist da viel Dankbarkeit. Für alle, die sie begleitet haben: ihre treuen Gäste, engagierten Mitarbeiter, ihren Mann – und auch ihren Bruder Franz, der immer zur Stelle war, wenn es darauf ankam. Ob bei technischen Problemen oder beim Aufbau der Marke Schlosscafe-Linz auf Social-Media.
Jetzt beginnt ein neues Kapitel. „Ich will reisen und einfach leben. Ohne Plan. Hoffentlich hört man am Schlossberg trotzdem noch des Öfteren: „Hey, die Eva ist heut da.“
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