Yoga in der Badewanne …

... ist auch keine Lösung!

4 Min.

© pexels/cottonbro

Kerzen anzünden, ein heißes Schaumbad nehmen, Yoga machen: Das tut gut und hilft, seine Batterien wieder aufzuladen, aber echte Selbstfürsorge ist es nicht, sagt Nina Mouton. Die belgische Psychotherapeutin und klinische Psychologin hat sich für ihr Buch (siehe Tipp unten) intensiv mit diesem Thema beschäftigt und weiß heute: „Selbstfürsorge geht weit über Me-Time hinaus. Sie ist ein Prozess, der tiefer geht, der anstrengend und herausfordernd ist.“

Radikale Entscheidung für sich selbst

Selbstfürsorge beginnt nämlich mit einer radikalen Entscheidung für sich selbst. Das mag besonders für Frauen, die sich oft den ganzen Tag nahezu ausschließlich um andere kümmern, egoistisch klingen, doch das ist es nicht! Die Autorin vergleicht es mit Turbulenzen während eines Fluges. In diesem Fall klappen automatisch Sauerstoffmasken von der Flugzeugdecke herunter. „Vor dem Start erklärt das Bordpersonal, dass man zuerst sich selbst eine Maske aufsetzen sollte, bevor man zum Beispiel seinem Kind hilft“, so Mouton.

„Tritt der Ernstfall ein, denkt man vielleicht: Ich setze zuerst meinem Kind die Maske auf. Nein! Denn wenn man wegen Sauerstoffmangels ohnmächtig wird, kann man sich nicht mehr um sein Kind kümmern. Mit der Selbstfürsorge ist es genauso: Nur wer sich zuerst um sich selbst kümmert, kann sich auch gut um andere kümmern!“

was brauche ich wirklich?

Echte Selbstfürsorge geht tief und führt zum eigenen Selbst zurück. Jenes Selbst, das die meisten Menschen während des Aufwachsens verloren haben. Nina Mouton beschäftigt sich in diesem Prozess mit Fragen wie: Was braucht man selbst? Kann man Dinge von jemand anderem akzeptieren? Wie geht es dem eigenen Körper? Werden Körpersignale – wie von so vielen – ignoriert? Wie sieht es mit Beziehungen aus? Passt man sich immer an andere an? Sagt man häufig Ja, obwohl sich die Arbeit schon stapelt?

„Bei Selbstfürsorge geht es darum, wie man im Leben steht, ohne sich selbst zu verleugnen“, erklärt die Belgierin. „Es geht darum, seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen, Traumata zu bearbeiten, Grenzen zu setzen und eingefahrene Muster zu durchbrechen.“

Psychotherapeutin Nina Mouton. © Irmy Photography

gefühle ehrlich zulassen

Ein besonders wichtiger Punkt ist, Gefühle zuzulassen und ehrlich mit seinen Emotionen umzugehen. Denn: Unterdrückte Gefühle kommen immer irgendwann hoch. Diese Erfahrung musste auch Nina Mouton während eines Therapiekurses machen. Sie war sich sicher, dass man bei ihr weder alte Verletzungen noch unverarbeitete Traumata finden würde. Sie hatte perfekte Eltern, eine perfekte Kindheit, eine perfekte Jugend. Sie wurde nie wütend, war nie traurig, hatte nie Angst. Sie war immer stärker als ihre Gefühle. Zumindest hat sie das geglaubt, denn während dieser Sitzung wurde ihr klar, dass sie 30 Jahre lang in völliger Verleugnung gelebt hat.

Panzer als schutz vor gefühlen

Denn wie jeder Mensch hatte auch sie kleine und große Blessuren, Prellungen und Traumata aus ihrer Kindheit, Jugend und auch später im Leben mitgenommen. Erfahrungen, die schmerzten. Aus diesem Grund hat sie sich einen Panzer zugelegt, der sie allerdings nicht nur vor schmerzhaften Gefühlen geschützt, sondern auch dafür gesorgt hat, dass sie sich schon lange nicht mehr wirklich glücklich gefühlt hat. „Es hat sich so gut angefühlt, diesen perfekten Panzer, diese Schutzschicht endlich abzulegen“, erzählt sie im Buch. „In der Lage zu sein, zu weinen, sich verletzlich zu fühlen. Meine Gefühle wirklich zu spüren – nicht nur die schwierigen, sondern auch die schönen Gefühle.“

wie man zeit für sich selbst schafft

Auch Dinge zu machen, die einem Freude bereiten und neue Energie geben, zählt zu echter Selbstfürsorge. Das Schöne ist, dass sich das doppelt und dreifach auszahlt, weil man dadurch resilienter wird und seine Belastbarkeit erhöht. Doch wie schafft man sich Zeit für sich selbst?

Nina Mouton rät dabei zu einem Trick von Diana Koster. Diese schlägt vor, sich die Frage „Muss ich das jetzt machen?“ insgesamt fünf Mal zu stellen, wenn die To-do-Liste mal wieder endlos erscheint. Und dabei sollte die Betonung jedes Mal auf einem anderen Wort liegen.

Buchtipp: „Echte Selbstfürsorge ist eine radikale Entscheidung für dich selbst“, Nina Mouton, € 25 © Kneipp Verlag

DAs könnte dich auch interessieren:

Feierabend Selfcare – 10 Tipps zum Entspannen
Backen macht glücklich!
5 romantische Date-Ideen für den Herbst

Abo

Wählen Sie Ihr persönliches Abo aus