Reden wir darüber!

Gute Beziehungen basieren auf ehrlicher Kommunikation. In langjährigen Partnerschaften ist es deshalb wichtig, die Kommunikation zu überprüfen und bei Bedarf wieder zu verbessern.

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Die eigenen Bedürfnisse mitzuteilen, fällt vielen Menschen schwer. Dabei ist das besonders in Partnerschaften sehr wesentlich. Weil der andere sonst ja nicht weiß, was man braucht. Ehrliche Kommunikation ist somit ein Schlüssel für gelingende Beziehungen. Was dazu nötig ist und warum Ich-Botschaften besser als Vorwürfe sind, erklärt Maria Reischauer, psychosoziale Beraterin mit Praxis in Wels, in unserem Interview.

Beziehungen sind so verschieden wie die Menschen selbst. Gibt es Faktoren, die dennoch für jede Beziehung wichtig sind?
Maria Reischauer: Ja, Partnerschaften sind sehr individuell und doch gibt es wesentliche Faktoren, die für jede Beziehung Bedeutung haben. Dazu zählen für mich zum Beispiel Verbundenheit, Kommunikation und Grenzen. So sehnen wir uns nach dem wohligen Gefühl von Verbundenheit, das wir in einer Liebesbeziehung erfahren. Solange wir verliebt sind, fliegt uns diese innige Bindung einfach zu. Der Partner oder die Partnerin steht in dieser Phase im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Alles ist neu, jedes gemeinsame Erlebnis schafft immer mehr Bindung und Vertrauen. In einer langjährigen Beziehung ändert sich dieses Gefühl in Richtung Geborgenheit und Sicherheit. Um unsere Beziehung am Leben zu erhalten, ist es wichtig, unsere Kommunikation zu „überprüfen“. Wie rede ich mit meinem Partner bzw. meiner Partnerin? Wie ehrlich und wertschätzend sind meine Aussagen?


Warum ist eine respektvolle und wertschätzende Kommunikation so wichtig für eine Beziehung?
Gute Beziehungen basieren auf einer ehrlichen Kommunikation. Allerdings fällt es vielen Menschen schwer, die eigenen Bedürfnisse auszudrücken und Hilfe von anderen anzunehmen. Wir erwarten meist, dass der andere „errät“, was wir brauchen, und sind enttäuscht, wenn er dies nicht tut oder wir nicht das bekommen, was wir uns wünschen. Dadurch nehmen wir dem anderen jedoch die Möglichkeit, seine Zuneigung zu zeigen.


Wie kann man dem anderen wertschätzend sagen, was man sich wünscht?
Die eigenen Wünsche und Bedürfnisse sind wichtig! Deshalb ist es wesentlich, konkrete Bitten an den Partner zu stellen. Es braucht Mut, um Wünsche offen und ehrlich äußern zu können – ohne dabei Druck auf den Partner oder die Partnerin auszuüben. Ich rate daher, dem anderen zu sagen, wie sehr ich mich freue, wenn er dieses oder jenes für mich tut, anstatt ihm vorzuwerfen, dass er es nicht bereits getan hat. Dabei ist es wichtig, nicht zu verallgemeinern, sondern ganz konkrete Bitten, die umsetzbar sind, zu stellen. Man kann zum Beispiel sagen: „Erinnerst du dich an unseren genussvollen Abend im Restaurant? Können wir da bald wieder hin? Ich möchte wieder genießen.“


Oft sind daran dann hohe Erwartungen an den Partner geknüpft.
Das stimmt, allerdings ist es wichtig, keine Erwartungen zu haben und nicht enttäuscht zu sein, wenn der Partner die Wünsche nicht sofort in die Tat umsetzt. Hilfreich ist hingegen, das Verhalten weder zu interpretieren noch zu bewerten. Zu hohe Erwartungen sind Gift für die Beziehung. Wenn unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht befriedigt werden, fühlen wir uns schnell ungeliebt und zurückgewiesen. Dahinter können alte Erfahrungen stecken, die sich wie eine Schablone über unser jetziges Empfinden legen. Wenn wir uns selbst genug lieben und gut für uns selbst sorgen, werden wir auch nicht verletzt sein, wenn eine Bitte nicht erfüllt wird.


Besonders schwierig scheint Kommunikation auch zu sein, wenn es um Sex in der Partnerschaft geht …
Diese bereits angesprochene Grundregel der Kommunikation gilt auch für Sex in der Partnerschaft, für emotionale Nähe und körperliche Berührung. Eine ehrliche Kommunikation, die niemanden unter Druck setzt, sondern die Möglichkeiten und Wünsche in den Vordergrund stellt, spielt eine sehr wichtige Rolle. Ich sage, was mir guttut, was ich gerne möchte, wie ich was spüren will. Und ich vermeide das Gegenteil: nämlich zu sagen, was ich nicht will, denn dadurch kann sich der andere zurückgewiesen fühlen – und das Ergebnis kennen wir …


Wie oft sollte man sich als Paar über Wünsche und Bedürfnisse austauschen?
Ich bin der Meinung, dass uns Rituale in der Liebesbeziehung stärken können und man regelmäßig Räume für den Austausch schaffen sollte. Das kann zum Beispiel in Form einer wöchentlichen Auszeit passieren. In dem man sich Zeit füreinander nimmt und miteinander redet – über alles. Durch diesen Austausch, durch bewusstes gegenseitiges Zuhören und Aufmerksamsein kann sich die Zuneigung und Einzigartigkeit einer Beziehung verstärken.

Ehrliche Kommunikation, die niemanden unter Druck setzt, gilt auch für Sex in der Partnerschaft, für emotionale Nähe und körperliche Berührung.

Maria Reischauer

Foto: Nena Diana Hablesreiter

MARIA REISCHAUER

Psychosoziale Beratung, Coaching, Supervision
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