Menstruation: Wie wir den Zyklus für uns nutzen können

Die verschiedenen Phasen im Zyklus einer Frau

6 Min.

© Kneidinger-Photography

Die Menstruation und der weibliche Zyklus gelten leider nach wie vor als Tabuthema. Drei Kreative und eine Zyklusexpertin aus Oberösterreich wollen das ändern und haben rechtzeitig zum Weltmenstruationstag am 28. Mai die Awareness-Plattform „Marie Bliat“ ins Leben gerufen.

„Warum bist du denn so zickig, bekommst du leicht deine Tage?“ Aussagen wie diese kennt wohl jede Frau. Und Hand auf den Uterus: Wir können sie nicht mehr hören. Nicht nur sind sie verletzend, sie sind auch das Ergebnis mangelnder Kommunikation. Nach wie vor wird der weibliche Zyklus auf das „lästige“ Bluten reduziert. Dabei ist er so viel mehr. Beispielsweise essenziell für die Fortpflanzung, die weibliche Gesundheit – und er birgt ungeahnte Chancen. Und auch wenn das Thema im öffentlichen Diskurs an Bedeutung gewinnt, in der breiten Masse ist in puncto Awareness noch viel Luft nach oben. Die Linzer Fotografin Sabine Kneidinger, die Grafikerin Alma Catovic, Markenstratege Stefan Brunbauer und die Zyklusexpertin Susanne Rosenauer haben mit wohlwollender Unterstützung deshalb die Onlineplattform „Marie Bliat“ gegründet. Darauf zu finden: Menstruation und weiblicher Zyklus ungefiltert und ehrlich kommuniziert – so wie es halt eben sein sollte.

Follikelphase (zyklischer Frühling)

© Sabine Kneidinger

Die Follikelphase, auch „zyklischer Frühling“ genannt, markiert den Startschuss des Menstruationszyklus. In dieser Phase werden von den Eierstöcke Bläschen – sogenannte Follikel – gebildet, in denen die Eizelle heranreift. So wie im Frühling ist es eine Zeit des Erwachens und des Neubeginns. Viele Frauen fühlen sich in dieser viertägigen Phase lebendig und inspiriert, neue Projekte und kreative Ideen zu verfolgen.  Pläne und Ziele sollten jetzt geschmiedet und in Angriff genommen werden.

Eisprung (zyklischer Sommer)

© Sabine Kneidinger

Ist ein Follikel gänzlich ausgereift, platzt er in der anschließenden Ovulationsphase. Das Ei wird durch den Eisprung freigesetzt und läutet die fruchtbarsten Tage des Monats ein. Durch das Zusammenspiel von Östrogen und Testosteron verspüren Frauen in diesen fünf Tagen eine hohe Leistungsfähigkeit und Anziehungskraft. Kein Wunder also, dass man sich in dieser Zeit besonders attraktiv und selbstbewusst fühlt.  Die Hormone sorgen auch für eine Hochstimmung in der Arbeit. Teammeetings, wichtige Besprechungen und Bewerbungsgespräche sollten am besten jetzt angegangen werden.

Gelbkörperphase (zyklischer Herbst)

© Sabine Kneidinger

In dieser Phase produziert der aus dem geplatzten Eibläschen entstandene Gelbkörper Progesteron. Das Hormon verdickt die Gebärmutterschleimhaut und bereitet sie auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Ein Großteil der Energie wird nun auf ein einziges Organ beschränkt. Die Folge sind oft stürmische Zeiten, wie man sie im Herbst kennt. Stimmungsschwankungen, körperliches Unbehagen und PMS sind hier typische und ganz natürliche Symptome. Dementsprechend sollte auch die Arbeit angepasst und wenn möglich auf das Sortieren von Gedanken und Aufgaben beschränkt werden. Projekte, die am Anfang des Zyklus begonnen wurden, sollten jetzt zu Ende gebracht werden.

menstruation (zyklischer winter)

© Sabine Kneidinger

Kam es zu keiner Befruchtung, startet die Gebärmutter ihren intensiven Reinigungs- und Vorbereitungsprozess für den nächsten Zyklus.  Die aufgebaute Gebärmutterschleimhaut wird in Form der Regelblutung wieder abgestoßen und auch sonst gibt es viel für den Körper zu tun. In dieser Zeit sinken die Hormone, wie insbesondere Östrogen und Progesteron, auf ein Minimum, was zu einem erhöhten Schlafbedarf, Erschöpfung und emotionaler Aufgeladenheit führen kann. Wenn möglich sollten in den ersten zwei Tagen der Menstruation nur die nötigsten Aufgaben erledigt werden. In den nächsten Tagen wird man dafür mit einem besonderen Zugang zur Intuition, Ideensuche und kreativen Visionsprozessen belohnt.

ZYKLUS TALK

© Bettina Huettner

Susanne Rosenauer ist Zyklusexpertin und Mitbegründerin der Onlineplattform „Marie bliat“. Was zu tun ist, wenn sich die Menstruation im Sommerurlaub ankündigt und warum der weibliche Zyklus nach wie vor als Tabuthema gilt, hat sie uns im Interview verraten.

Sommersaison ist Urlaubssaison. Was gilt es zu beachten, wenn sich die Menstruation ausgerechnet im langersehnten Sommerurlaub ankündigt?

In den ersten zwei Tagen der Menstruation sollte man sich besonders schonen. Hitze und direkte Sonneneinstrahlung sind in dieser Zeit weniger gut verträglich. Dem Badespaß steht aber grundsätzlich nichts entgegen, solange man sich körperlich wohlfühlt. In puncto Menstruationsprodukte gibt es hierfür so einiges am Markt. Ich persönlich empfehle gerne den Menstruationsschwamm bzw. die -tasse, weil beide im Gegensatz zum Tampon kein Wasser aufnehmen. Bevorzugt man dennoch ein Tampon sollte dieses direkt nach dem Baden gewechselt werden. Angst vor einem Blutaustritt im Schwimmbecken braucht man aber aufgrund des Gegendruckes im Wasser in keinem Fall haben.

Wenn die Menstruation ausbleibt, weist das entweder auf eine Schwangerschaft oder auf die Menopause hin. Welche gesundheitlichen Beweggründe kann das Ausbleiben der Blutung aber noch haben?

Die Regelmäßigkeit des Zyklus steht auf vier Gesundheitssäulen: Schlaf, Ernährung, Bewegung und Stress. Eine erwachsene Frau braucht in der Regel acht bis zehn Stunden Schlaf, bei der Menstruation sogar eine Stunde zusätzlich. Grund dafür ist die Hormonproduktion. In puncto Ernährung kompensiert der Körper zwar so einiges, dennoch sollte das Essverhalten im Großen und Ganzen bunt und ausgewogen ausfallen. Der größte Einflussfaktor ist und bleibt aber Stress. Ist man in einer akuten Stresssituation, kann sich die Menstruation bis zu drei Wochen und mehr verschieben. Die vier Säulen können sich natürlich aber auch gegenseitig bedingen.

Wie verändert sich der Körper und die zyklischen Jahreszeiten mit der Menopause?

Mit der Menopause verändert sich im Körper alles. Der Grund liegt in der Einstellung der Östrogenproduktion. Die Kurve der zyklischen Jahreszeiten flacht ab und die Stimmungsschwankungen werden weniger. Stattdessen begegnen Frauen in der Menopause dem Leben und Problemen mit einer gewissen Grundgelassenheit. Auch die Energie ist eine ganze andere.

Warum gelten die Menstruation und der weibliche Zyklus nach wie vor als Tabuthema?

Das ist eine gute Frage. Der Hauptgrund liegt, denke ich, nach wie vor in der fehlenden Aufklärung. Noch immer ist das Thema mit sehr viel Scham behaftet, und das gerade von Frauen sich selbst gegenüber. Ich kenne sehr viele, die sich während ihrer Menstruation nicht angreifen wollen und Ekel gegenüber ihrer Blutung verspüren. Diese Einstellung ist nicht zuletzt über Generationen hinweg weitergegeben worden. Es wird sicherlich noch eine Zeit lang dauern, bis das Thema frei von jeglicher Scham ist.

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