
Keine Angst vor der Angst: Die Bedeutung unserer wichtigsten Emotion
Respekteinflößend und faszinierend zugleich: Warum es sich lohnt, unserer wohl wichtigsten Emotion auf den Grund zu gehen.
© Unsplash/Gregory Eggermont
Angst ist eine Emotion, die uns alle betrifft. Sie kann das Herz schneller schlagen lassen, den Atem rauben und manchmal lähmen. Doch trotz ihrer Unbequemlichkeit ist Angst überlebenswichtig. Sie ist unser körpereigenes Alarmsystem, das uns in Gefahrensituationen blitzschnell reagieren lässt. Dennoch wird sie oft verdrängt und selten angesprochen, besonders wenn sie zur Erkrankung wird und nicht mehr auf reale Bedrohungen reagiert.
Die Wissenschaft hinter der Angst
Angst ist nicht nur eine Krankheit, sondern auch ein kulturelles und philosophisches Phänomen. Katharina Domschke und Peter Zwanzger, Experten auf dem Gebiet der Angsterkrankungen, haben ein Buch geschrieben, um die Angst vor der Angst zu nehmen. Sie zeigen, dass Angst ein zutiefst menschliches Gefühl ist, dessen Spektrum von klinischen Phänomenen bis hin zu soziokulturellen Aspekten reicht.

Physiologie der Angst: Ein Feuerwerk im Gehirn
Physiologisch betrachtet ist Angst ein Feuerwerk in unserem Gehirn. Die Amygdala, ein mandelförmiger Kern, scannt unsere Umwelt auf Bedrohungen. Aus dieser Empfindung entsteht die Angst, die sich körperlich als Atemnot, Herzklopfen oder Schwitzen äußert. Während die Ausschüttung von Adrenalin in Gefahrensituationen evolutionär sinnvoll ist, ist dieses System bei Angststörungen chronisch überaktiv.
Angst als Schutz und Isolation
Angst kann uns beschützen, aber auch isolieren. Bei Agoraphobie meiden Menschen Orte, an denen sie einen Panikanfall befürchten. Diese Angst vor der Angst ist weit verbreitet und zählt weltweit zu den häufigsten psychischen Störungen. Studien zeigen, dass nahezu jeder vierte Mensch einmal eine Episode mit behandlungsbedürftiger Angst durchlebt, doch wir sprechen viel zu wenig darüber.
Die allgegenwärtige Angst
Angst beeinflusst unseren Alltag weit über akute Panik hinaus. Sie begleitet uns vor dem ersten Date, einer wichtigen Prüfung oder einem Vorstellungsgespräch. Sie ist ein Gefühl, das uns ebenso formt wie Freude oder Liebe. Domschke und Zwanzger gehen sogar so weit zu sagen, dass Angst unsere wichtigste Emotion ist.

Gesellschaftliche Spiegelung der Angst
Angst ist nicht nur individuell, sondern auch ein Spiegel gesellschaftlicher Zustände. In Zeiten von Klimakrise, Krieg und Pandemie ist sie eine kollektive Stimmung. Menschen gehen unterschiedlich mit Angst um: Manche ziehen sich zurück, andere reagieren mit Wut, und wieder andere suchen bewusst die Angstlust.
Verstehen statt Verdrängen
Ob lähmend oder lustvoll, Angst will verstanden werden. Sie ist ein Gefühl, das sich entzaubern lässt, wenn wir ihr zuhören und erforschen, was sie mit uns macht. Erst wenn wir die Angst als Teil unseres Seins anerkennen, können wir lernen, mit ihr zu leben und von ihr zu lernen. Sie zeigt uns, wo wir wachsen können und erinnert uns daran, dass Mut nicht die Abwesenheit von Angst ist, sondern der bewusste Schritt durch sie hindurch.
Zum Nachlesen:
„Das Alphabet der Angst: 200 Fakten rund um unsere wichtigste Emotion“
von Katharina Domschke und Peter Zwanzger
ISBN: 978-451-60886-5, Herder-Verlag, um € 25,50
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Mehr über die Autorin:

Leonie Werus betreut die Ressorts Genuss, Wohnen und Freizeit. Sie ist ein echter Workhaholic und weiß es jede Minute gut für sich zu nutzen. Mit ihren Airfryer, liebevoll Fritti genannt, probiert sie gerne neue Rezepte und versucht nebenbei das TIROLERIN-Team zum Sport zu motivieren – meist leider vergeblich.