Der erste Besuch beim Frauenarzt

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den ersten Besuch beim Frauenarzt? Haben dort ausschließlich medizinische Themen Platz? Und wie findet eine Frau die für sie beste gynäkologische Praxis? Unsere Expertin Heidi König klärt auf.

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Frauenärztinnen und Frauenärzte sind oftmals die erste Ansprechperson für Frauen, wenn es um das Thema Sexualität geht. Die geeignete gynäkologische Praxis zu finden, ist für viele allerdings gar nicht so einfach. Man muss sich dort als Patientin gut aufgehoben fühlen, schließlich soll die frauenärztliche Praxis auch ein Ort sein, wo wichtige Basisinformationen zum Themenbereich Sexualität weitergegeben werden. Je jünger die Patientinnen sind, desto mehr benötigen sie einen sensiblen Umgang und aktive Gesprächsangebote vonseiten der Ärztin oder dem Arzt. 

Eine Gynäkologin/einen Gynäkologen zu finden, die/der in einer verständlichen und normalisierenden Sprache spricht, ist Voraussetzung dafür, als Patientin später auch persönliche Fragen stellen zu können. Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Frau-Sein“ oder die Sehnsucht, ein Baby zu bekommen – all das kann genauso zum Thema werden wie die Fragestellung der sexuellen Lust oder nach dem Aussehen des eigenen Geschlechtsorgans. Vor allem Fragen fernab von medizinischen Belangen brauchen in der ärztlichen Ordination ein respektvolles und sensibles Umfeld. 

Wichtige Überlegungen vor dem ersten Besuch. Wie findet man nun eine passende Ärztin/einen passenden Arzt, die/der genau das zu liefern vermag? Es ist ratsam, sich vor dem ersten Besuch ein paar Dinge zu überlegen. Behagt mir eine Ärztin mehr oder habe ich das Gefühl, dass ich bei einem männlichen Arzt besser aufgehoben bin? Will ich zur selben Gynäkologin gehen wie meine Mama/meine beste Freundin/meine Partnerin? Möchte ich, dass mich bei meinem ersten Besuch eine Vertrauensperson begleitet? Sehr oft unterhalten sich junge Frauen und tauschen sich aus, ob es Erfahrungswerte gibt. 

Häufig suchen Freundinnen deshalb denselben Arzt/dieselbe Ärztin auf. Zudem gibt es Onlineportale, wo man sich erste Informationen holen kann. Und natürlich ist auch der Onlineauftritt ein wesentlicher Faktor, schließlich ist das oft die erste Kontaktaufnahme. Wirkt die Homepage der Gynäkologin/des Gynäkologen ansprechend? Es macht Sinn, sich das alles vorab zu überlegen. 

Sagen, wenn man sich nicht wohlfühlt. Trotzdem kann es dann sein, dass beim ersten Besuch in der Ordination ein Unbehagen entsteht und die Patientin sich einfach nicht so wohlfühlt, wie sie sich das vorgestellt hat. Das darf man äußern, man muss es ja nicht in einer unangenehmen Art deponieren. Aber man darf als Patientin eine Untersuchung dankend ablehnen und „nur“ ein erstes Beratungsgespräch annehmen. Dann hört man sich vielleicht weiter um und vereinbart einen neuen Termin in einer anderen gynäkologischen Praxis. 

Die menschliche Ebene. Die medizinische Qualifikation bringen in Österreich bestimmt alle Fachärztinnen und -ärzte mit, aber es ist wesentlich, sich auch auf einer menschlichen Ebene wohlzufühlen. Dabei spielen andere Dinge eine Rolle als gerahmte Ausbildungsdiplome, die an der Wand hängen. Erfreulicherweise hat sich in den vergangenen Jahren der Blickwinkel auf die gynäkologische Untersuchung geändert. Dass die Medizinerinnen und Mediziner die Untersuchungsschritte für die Patientin genau erklären, ist mittlerweile in nahezu jeder gynäkologischen Praxis Standard. Auch das Angebot als Patientin mit einem Spiegel bei der Untersuchung „mitschauen zu dürfen“ wird immer gängiger. Man darf dieses Angebot natürlich auch dankend ablehnen. 

Genau darum geht es letztendlich: Selbstbestimmung. Jede Frau darf und soll gerade beim Erstkontakt mitbestimmen, ob es bereits eine Untersuchung geben soll oder sie lediglich ein Beratungsgespräch möchte. Es ist übrigens auch sinnvoll, bei der Terminvereinbarung mitzuteilen, dass dies der erste Besuch in einer gynäkologischen Praxis ist. 

Wann muss man zum Frauenarzt? In der sexualpädagogischen Arbeit werde ich von Jugendlichen sehr oft gefragt, wann man eigentlich zum Frauenarzt gehen muss. Diese Frage ist schnell beantwortet. Wenn eine Frau Probleme oder Schmerzen am Geschlechtsorgan hat oder sich ein Verhütungsmittel verschreiben lassen möchte, sind das triftige Gründe, rasch eine gynäkologische Praxis aufzusuchen. Natürlich ist es vor allem für sexuell aktive Frauen auch sehr ratsam, jährliche Vorsorgeuntersuchungen (Gebärmutterhalskrebsabstrich) machen zu lassen. Aber es dürfen auch junge sowie erwachsene Frauen eine Frauenärztin/einen Frauenarzt aufsuchen, wenn sie Fragen rund um Themen wie Sexualität, Schwangerschaft und Verhütung haben. Die Annahme, dass junge Frauen nach der ersten Regelblutung zum Frauenarzt gehen müssen, ist so nicht korrekt. 

In einer gynäkologischen Ordination geht es somit bei Weitem nicht nur um das Erklären von präventiven Maßnahmen, wie der Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen oder der Verhütung einer Schwangerschaft. Aufklärung bei der Frauenärztin/beim Frauenarzt bedeutet auch das Anbieten von Informationen über den sexuellen Körper und die Aufklärung von gesellschaftlich etablierten Mythen rund um das Thema Sexualität.

Text: Heidemarie König

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