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Das Gspusi zieht sich zurück, und man kämpft mit Ängsten und Unsicherheit – dann wird es vermutlich Zeit, die Person loszulassen. Die Love-Coaches Lila & Steffi erklären, warum man dabei nichts verliert.
Wann sollte man die Kennenlernphase beenden?
Wer sich nach einer festen Beziehung sehnt, behält diesen Wunsch oft für sich. Man möchte bei ersten Dates nicht so wirken als höre man beim zweiten Spritzer schon die Hochzeitsglocken läuten. Denn oft ist es so, dass sich Menschen von diesem Wunsch nach Monogamie abschrecken lassen. Um das Gegenüber nicht zu stressen, steigen viele auf eine lockere Geschichte ein – in der Hoffnung, dass daraus etwas Festes wird. Meist entsteht dann ein Wirrwarr an Gefühlen, aus dem man nur entkommen kann, wenn man eine Fähigkeit beherrscht: Loslassen.
So ging es auch Nadja* viele Jahre lang. „Ich machte immer wieder ein- und dieselbe Geschichte beim Daten durch“, erzählt sie. „Ich wollte eine feste Beziehung, aber traute mich nicht, diesen Wunsch ganz offen anzusprechen und dazu zu stehen.“ In der Kennenlernphase wollte sich die heute 35-Jährige nicht in die Karten schauen lassen.
„Es war mir wichtig, locker zu bleiben und das Ganze auf mich zukommen zu lassen. In Wirklichkeit war ich aber schon längst verliebt und hatte Angst, diese Gefühle könnten den Typen abschrecken.“ Am Ende dieser Situationships stellte sich immer die Frage: „Was ist das eigentlich zwischen uns?“
„Erst dann konnte ich zugeben, was ich eigentlich fühle, aber ließ mich dann aufgrund von Verhandlungen nach dem Motto ‚Ich kann dir nicht mehr geben‘ immer auf lockere Geschichten ein“, erinnert sie sich. „Irgendwann beendete ich diese halbwarmen Geschichten. Ein Fünkchen Selbstwert meldete sich dann doch“, erzählt sie lachend. „Ich fühlte mich dann empowert und gestärkt und nahm mir fest vor, dieses Muster nicht mehr zu wiederholen.“
„Love Sisters“: Loslassen als Akt der Befreiung
Die beiden psychologischen Beraterinnen Stefanie Scharaweger und Lila Sauerschnig bezeichnen Loslassen als „liebevollen Akt der Befreiung“. „Es schenkt dem Herzen Weite und eröffnet eine Welt voller neuer Möglichkeiten“, sagen die auf Instagram als „Love Sisters“ bekannten Podcasterinnen und Buchautorinnen. Die beiden verfolgen dabei ein ganz klares Ziel: Den Menschen deutlich zu machen, dass sie in der Liebe mehr verdient haben als diese kleinen Bröserl an Aufmerksamkeit.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen„Die Falle liegt darin, dass diese ‚Bröserl‘ Hoffnungen aufrechterhalten, die meist nicht erfüllt werden“, sagt Steffi im Interview mit WIENERIN. „Man hält an kleinen Zeichen oder seltenen Momenten fest und bleibt emotional gebunden.“ „Wenn wir uns mit ein paar kleinen Bröserln zufriedengeben, glauben wir oft – auch unbewusst –, dass wir nicht mehr verdienen als das Bare Minimum. Dahinter steckt sehr oft ein Selbstwert-Thema“, fügt Lila hinzu.
„Eine Person, die weiß, was sie wert ist, lässt sich nicht so leicht mit halben Sachen abspeisen.“ Loslassen falle deshalb so vielen schwer, weil die Illusion von Nähe und die Vorstellung eines möglichen Happy Ends aufgegeben werden muss: „Es bedeutet für sie eine Art Verlust der Hoffnung und der Kontrolle.“
„Oft sind in der Datingphase nur wenige Tage vergangen, und schon entstehen Gedanken darüber, ob etwas ‚falsch‘ läuft. Dabei wäre es ebenso möglich, die schöne Begegnung einfach zu genießen und darauf zu vertrauen, dass alles zur richtigen Zeit geschehen wird, was geschehen soll“, weiß Steffi.
„In der heutigen Zeit scheint die Fähigkeit zur Geduld oft verloren gegangen zu sein – auch im Bereich Dating und Beziehungen. Die Zeit darf genutzt werden, um Dinge natürlich wachsen zu lassen“, fügt Lila hinzu. „Wenn echtes Interesse besteht, wird die andere Person den Kontakt suchen. In der Zwischenzeit bekommt man die Gelegenheit, das eigene Leben zu genießen.
Dating beenden – wieso du davon profitieren kannst
„Auch mit Freund:innen oder Therapeut:innen darüber zu sprechen, kann sehr unterstützend sein“, sagt Lila. „Es geht dabei ganz viel um Selbstannahme und Vertrauen, dass es definitiv wieder leichter wird. Der Schmerz bleibt nicht.“ Das Loslassen selbst fiel Nadja leichter als gedacht: „Ich hatte vielmehr die Angst, es beim nächsten Mal wieder zu versemmeln und niemals Liebe zu finden“, sagt sie.
Je mehr man die Verbindung zu einem selbst stärkt, desto mehr verschwindet auch die Angst vor der Einsamkeit.
Stefanie Scharaweger, Liebes- und Beziehungs-Coach, Autorin & Podcasterin
Nach einer Therapie und dem Arbeiten an ihrem Selbstwert gab es dann doch einen Breakthrough-Moment: „Ich habe jemanden kennengelernt und stand von Anfang an selbstbewusst zu meinen Wünschen und Gefühlen. Als er dann kalte Füße bekam, ließ ich ihn gehen – nach dem Motto ‚Wer nicht bleiben will, hat Pech gehabt‘“, erzählt sie.
Der mutige Schritt schindete Eindruck: „Er kam noch am selben Tag ganz kleinlaut angekrochen und wollte unbedingt mit mir zusammen sein. Wir sind seit drei Jahren ein Paar.“ Rückblickend gesehen war es das bedingungslose Zu-sich-selbst-Stehen, mit dem sie ein Muster durchbrach. „Heute würde ich den Dingen sowieso mit mehr Leichtigkeit und Vertrauen begegnen. Damals war das noch nicht so einfach für mich.“
„Die hohen Erwartungen an sich selbst und das Gegenüber lösen oft Druck aus, der die Freude am Kennenlernen nimmt, da der Fokus eher auf dem ‚richtigen‘ Ergebnis liegt als auf dem Moment“, weiß Lila. „Die erfüllte Beziehung kommt zum richtigen Zeitpunkt. Je mehr man die Verbindung zu einem selbst stärkt, desto mehr verschwindet auch die Angst vor der Einsamkeit“, sagt Steffi. „Wahres Vertrauen bedeutet, dass man mit allem umgehen kann, was einem das Leben schickt. Je mehr man diese Grundhaltung integriert, desto mehr Leichtigkeit entwickelt man.“
Auch wenn Loslassen wehtut, der daraus entstehende Liebeskummer hat auch etwas Positives: „Er bietet die Gelegenheit, sich selbst besser kennenzulernen, emotionale Stärke zu entwickeln und zukünftig gesündere Beziehungen einzugehen.“ Er zeige außerdem, dass man ein offenes Herz hat und die Fähigkeit besitzt, tief zu lieben. „Wenn man es geschafft hat, loszulassen, wird es leicht. Es warten Freiheit, ein starkes Selbstwertgefühl und innerer Frieden.“
*Name von der Redaktion geändert.