Foto von Marc Elsberg
Es droht ein globaler Konflikt und ein Machtpoker der beteiligten Staaten.
Spionage oder doch Wetterstudien? Welchen Zweck die chinesischen Ballons hatten, die über dem Nordwesten der USA und Lateinamerika auftauchten, ist noch unklar. Die jüngsten Ereignisse bestätigen jedoch einmal mehr, dass die Zukunftsvision, die „Blackout“-Autor Marc Elsberg in seinem neuen Science-Thriller „°C – Celsius“ aufzeigt, gar nicht so weit von der Realität entfernt sein könnte, wie man sich vorstellen mag. Wir haben beim Bestsellerautor und Meister des Science-Thrillers nachgefragt, wie es zum Buch kam.
Herr Elsberg, können Sie uns in drei Sätzen erzählen, wovon Ihr neuer Roman handelt?
„°C“ stellt unsere Vorstellungen vom Klimawandel auf den Kopf. Als China die Kontrolle über das Klima übernehmen will, um den Himalaya vor dem Abschmelzen zu retten, droht ein globaler Konflikt. Noch ahnt niemand, dass dies erst der Beginn einer noch viel dramatischeren Entwicklung ist.
In „°C“ ist Geoengineering ein Machtmittel und ein Megabusiness. Sind einzelne Staaten auf diesem Gebiet heute tatsächlich schon so weit, dass ein Szenario wie im Buch vorstellbar wäre?
Die meisten Technologien für ein Szenario wie im Buch sind bereits vorhanden. Bei dem in „°C“ beschriebenen Solar Radiation Management simuliert man quasi einen großen Vulkanausbruch und bringt feine Aerosole und Partikel in die Stratosphäre. Großdrohnen, die das Material dorthin transportieren können, existieren noch nicht, könnten aber binnen einiger Jahre entwickelt werden. Eine andere mögliche Transportmethode mit konventionellen Flugzeugen beschreibe ich im Buch. Geoengineering umfasst sehr viele verschiedene Ansätze; viele Ideen sind reine Spinnerei oder viel zu teuer, andere realistischer.
In Ihrem Thriller ist es wie im echten Leben: Auch im Angesicht von Wetter-Katastrophen glaubt niemand an die Unbewohnbarkeit der Erde. Was muss passieren, damit die Menschheit umdenkt und handelt?
So schnell wird die Erde nicht unbewohnbar werden! Eine der faszinierendsten Eigenschaften der Spezies Mensch ist ihre Anpassungsfähigkeit. Diese ermöglichte ihr, sich als eine von wenigen Arten dauerhaft in allen Klimazonen zu etablieren. Anpassung kann allerdings nur eine Teilstrategie im Umgang mit den kommenden Entwicklungen sein, denn die Klimaveränderung und damit Umweltveränderungen geschehen so schnell, dass oft zu wenig Zeit für Anpassung bleibt. In vielen Weltgegenden ist Anpassung an die kommenden Umstände unmöglich: Wenn deine Heimat überflutet wird, ist sie weg, und du brauchst eine neue. Wenn das Meer zu warm wird, stirbt die Koralle. Fertig. Da wird „Anpassung“ zu einem zynischen Ratschlag.
Worauf müssten wir konkret verzichten, was ändern, um die Erderwärmung zu stoppen?
Die notwendigen Maßnahmen sind bekannt: schnellstmöglicher Umstieg auf erneuerbare Energien, Ausstieg aus der industrialisierten Tierhaltung, Stopp der Tropenwaldabholzung, Schaffung von CO2-Senken (Wälder, Moore, Mangroven, Holzbau, …), komplette Neuorganisation unseres Wirtschaftssystems von Konsum- und Wegwerfgesellschaft zu Kreislaufwirtschaft, Bildung besonders auch für Frauen in Schwellen- und Entwicklungsländern, um einige der wichtigsten zu nennen. Vor allem der Westen müsste viel schneller und konsequenter vorgehen als bisher, entsprechende Gesetze erlassen, Umstellungen und Maßnahmen massiv finanziell fördern. Dass der Westen das könnte und das Geld dafür hätte, hat er während der Pandemie bewiesen.
Wenn Sie sich entscheiden müssten: Würden Sie Geoengineering befürworten oder ablehnen?
Derzeit kann ich Geoengineering weder befürworten noch ablehnen, weil wir zu wenig darüber wissen. Der nächste notwendige Schritt wäre ausführliche theoretische und praktische Forschung. Erst wenn wir ausreichend Fakten haben, können wir eine Pro-Contra-Diskussion führen. Wobei: Würden wir viel schneller klimaneutral, als derzeit geplant und abzusehen, würde sich die Diskussion womöglich erübrigen.
„°C – Celsius“
Marc Elsberg
blanvalet
ISBN 978-3-7645-0633-9
€ 27,50