Leon Löwentraut in Linz

„Kunst muss polarisieren“: Leon Löwentraut im Interview

Nach Ausstellungen in New York, London und Madrid zeigt er seine farbenfrohen Werke noch bis 15. November in Linz.

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Leon Löwentraut im Talk mit Dagmar Hager bei der Ausstellungseröffnung in der Galerie Otto Buchinger. © Team Foto Kerschi / Werner Kerschbaummayr

Nach Action-Paintings mit Stefan Raab bei TV total wurde Leon Löwentraut mit 16 über Nacht bekannt. Heute ist der 27-jährige Deutsche ein international gefeierter Shootingstar der Kunstszene.

Nach Ausstellungen in New York, London und Madrid zeigt er seine farbenfrohen Werke noch bis 15. November in Linz. Warum ausgerechnet in Linz, hat er uns im Interview verraten.

Mit seiner unverwechselbaren Handschrift und seiner Bodenständigkeit begeisterte Leon Löwentraut die Gäste bei der Eröffnung seiner Ausstellung am 9. Oktober in der Galerie Otto Buchinger in Linz. Im Interview spricht der 27-Jährige über seine kommende ARD-Dokumentation und darüber, warum Kunst für ihn immer auch Diskussion bedeutet.

Leon Löwentraut im Interview

Herr Löwentraut, Sie haben mehr als 1,1 Millionen Follower auf Instagram, Ihre Werke erzielen Preise bis zu 150.000 Euro und trotzdem stellen Sie auch in kleineren Städten wie Linz aus. Warum?
Das ist eine sehr gute und wichtige Frage. Ich finde, Kunst ist für alle Menschen da. Natürlich sind Metropolen wie Madrid, New York oder London großartig, aber in kleineren Städten ist die Wertschätzung oft viel größer. Dort sind die Menschen dankbarer, weil nicht jeden Tag ein großes Event stattfindet. Das finde ich sehr schön.

Ihre Werke sind farbintensiv, expressiv, energiegeladen. Welche Themen stehen bei Ihnen im Mittelpunkt?
Grundsätzlich ist mein Thema das Zwischenmenschliche. Ich beschäftige mich viel mit Menschen, Figuren, Masken, Silhouetten, was man in meinen Zeichnungen wie auch auf meinen Leinwänden sieht. Das ist mein zentrales Thema. In Madrid hatte ich zwar eine reine Landscape-Ausstellung, aber meine figürlichen Werke sind die bekanntesten und dafür stehe ich.

Leon Löwentraut
© Team Foto Kerschi / Werner Kerschbaummayer

Ihre Begeisterung für Kunst wurde durch Ihre Mutter früh geweckt. Wann wussten Sie, dass Sie wirklich von Kunst leben können?
Ehrlich gesagt, habe ich mir diese Frage nie gestellt. Ich habe nie mit dem Gedanken gemalt, davon leben zu müssen. Ich hatte einfach diese Leidenschaft und Faszination. Meine Mutter hat mir das Malen nähergebracht, auch wenn sie eher naturalistisch gearbeitet hat. Ich habe mich dann von anderen Künstlern inspirieren lassen, besonders von Picasso, und irgendwann meinen ganz eigenen Stil entwickelt. Erst abstrakt, dann figürlich. Das kam organisch.

Sie wurden schon als Teenager durch Ihren Auftritt bei TV total bekannt. Wie kam es dazu und wie sehr hat dieser Moment Ihre Karriere beeinflusst?
Sehr! Ich war damals 16 Jahre alt, mit 15 hatte ich meine erste Ausstellung. Damals habe ich die Presse angerufen, um auf meine Kunst aufmerksam zu machen. Dann kamen die ersten Artikel, etwa im „Express“ und bei „Spiegel Online“. Daraufhin wurde Stefan Raab auf mich aufmerksam. Ich war zweimal in seiner Show, danach wurde ich quasi über Nacht bekannt.

Wann ist ein Bild für Sie fertig genug, um gezeigt oder verkauft zu werden?
Ich male aus Leidenschaft, ohne Zeitdruck. Ausstellungen werden oft Jahre im Voraus geplant, das gibt mir Orientierung. Ich lasse Werke manchmal über Wochen stehen und male später weiter – mehrere Bilder gleichzeitig, in Etappen. Wichtig ist für mich, dass sie „gesund“ entstehen, nicht unter Druck.

Gibt es Werke, die Sie niemals verkaufen würden?
Früher war das schwierig, weil ich an manchen Bildern sehr gehangen bin. Aber ich habe mir gesagt: Jedes nächste Bild wird noch besser. Zwei Werke behalte ich trotzdem: „Der Nachtwanderer“ und „Bohemian“. Die gebe ich höchstens als Leihgaben an Museen. Ansonsten sammle ich selbst viel Kunst von anderen Künstlern.

Von wem besitzen Sie Werke?
Ich besitze Werke von Günther Uecker, Tony Cragg, Hermann Nitsch, Gottfried Helnwein, Jeff Koons, Imi Knöbel und Heinz Mack. Ich liebe es, von anderen Künstlern umgeben zu sein. Für ein Bild von meinem Vorbild Pablo Picasso hat es leider noch nicht ganz gereicht (lacht).

Künstler, die nicht polarisieren, sind für mich keine richtigen Künstler.

Leon Löwentraut

Ihr Erfolg wirkt spielerisch, was ist Ihr Erfolgsrezept?
Das Wichtigste ist Passion. Wenn man liebt, was man tut, wird man gut darin. Natürlich gehört harte Arbeit dazu – Marketing, Presse, Organisation. Kunst ist Leidenschaft, aber auch ein Stück Unternehmertum. Ich habe großartige Partner, mit denen ich zusammenarbeite.

Woher kommt Ihre Inspiration? Vom Reisen? Von Begegnungen?
Beides. Reisen bildet. Menschen, Begegnungen, neue Orte inspirieren mich. Es kommt nicht auf Knopfdruck, man muss es fühlen.

Warum haben Sie für Ihren Hauptwohnsitz Portugal gewählt?
Ich bin vor fünf Jahren nach Portugal gezogen. Ich liebe Deutschland, aber ich brauchte für meine Kunst ein anderes Licht, eine andere Stimmung. In Portugal habe ich das gefunden: Gelassenheit, das Meer, die Steilküsten, Sicherheit. Es passt einfach perfekt zu mir.

Vom Shooting-Star bis zur „Helene Fischer der Kunstwelt“, die Meinungen über Sie gehen weit auseinander. Wie gehen Sie mit dieser Mischung aus Bewunderung und Kritik um?
Künstler, die nicht polarisieren, sind für mich keine richtigen Künstler. Weder Kunst noch der Künstler müssen Everybody‘s Darling sein, sondern es geht um Diskussion, um Austausch und letztendlich auch um das Gespräch. Deswegen ist konstruktive Kritik wichtig und gut. Neidische Stimmen gibt’s immer, aber am Ende geht es um das Gespräch und die Auseinandersetzung. Nur so bewegt sich etwas.

Bei Ihnen tut sich gerade unglaublich viel. Was steht als Nächstes an?
Im Rahmen der Olympischen Winterspiele Milano Cortina 2026 werde ich im Jänner im Lumen-Museum in Südtirol eine Museumsausstellung machen. Und ich werde auch die olympische Fackel halten. Weiters bin ich mit meinen Werken im Europäischen Parlament in Brüssel vertreten und auch in Istanbul ist etwas Größeres in Planung. Am 2. Dezember kommt eine große ARD-Dokumentation über mich heraus. Wir drehen schon seit März. Es wird sehr tiefgründig, denn noch nie habe ich jemanden so nah an mich herangelassen.

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