Wie gefährlich sind Tampons wirklich?

Wie gefährlich sind Tampons wirklich für uns?

Danger Zone?

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Anfang des Sommers wurde eine Studie veröffentlicht, die Schwermetalle in Tampons nachweisen konnte. Wie gefährlich sind sie für unseren Körper?

Nach über 90 Jahren auf dem Markt wurden Tampons von der Wissenschaft genauer unter die Lupe genommen. Die Untersuchung brachte zunächst schockierende Ergebnisse ans Licht: Wie die Studie der New Yorker Columbia University nachwies, wurde in jedem der 30 Tampons mindestens eines von 16 Schwermetallen gefunden – darunter beispielsweise Arsen, Blei, Quecksilber oder Cadmium. Schwermetalle gelangen durch die Umwelt in die Produkte, so die Annahme – etwa durch die Felder, auf denen die Baumwolle angebaut wird. Die Substanzen können für unseren Körper schädlich sein. In Panik sollte man deshalb aber nicht geraten.

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Öko-Test gibt Entwarnung in EU

Nach der Aufregung rund um die US-Studie analysierte die Zeitschrift Öko-Test vergangenen Sommer 23 Tampons, die hierzulande erhältlich sind, und konnte Entwarnung geben: Bis auf Selen und Quecksilber konnten zwar alle Schwermetalle in den EU-Tampons nachgewiesen werden, die Messwerte waren aber tendenziell niedriger als in der US-Studie – sie wurden als „gering“ eingestuft.

Man müsste laut Öko-Test 180 Tampons verwenden, um beispielsweise bei der Substanz Antimon die von der WHO festgelegte Aufnahmegrenze zu erreichen. Unklar ist auch, ob und wie sich die Schwermetalle beim Gebrauch aus dem Tampon lösen. Zudem fehlen klare Hinweise darauf, ob sie über die Vaginalschleimhaut aufgenommen werden können.

Prof. Herbert Kiss von der MedUni Wien bestätigt auf Anfrage von WIENERIN: „Es gibt keinen Hinweis auf eine vaginale Resorption von Schwermetallen. Bei einer derart häufigen Anwendung von Tampons, wie sie in der westlichen Welt üblich ist, wäre ein solcher Effekt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen bereits aufgefallen.“ Aber können Pestizide oder Schwermetalle von der Baumwolle durch die Schleimhaut grundsätzlich in den Körper gelangen? „Grundsätzlich ist alles möglich, dies wurde in der Literatur aber noch nicht untersucht. Ich kenne auch keinen Nachweis, dass es über Kontakt geringer Mengen zu einer Resorption kommt“, so der Gynäkologe.

Vor allem sei das eine Frage der Menge: „In den geringen nachgewiesen Dosen ist das höchst unwahrscheinlich.“ Beim Kauf sollten Verbraucher:innen auf die EU-Zertifizierung achten und die Produkte im Drogeriefachhandel oder in Apotheken erwerben, empfiehlt der Experte. Bio-Tampons waren in beiden Untersuchungen übrigens weniger mit Schwermetallen belastet.

Wie gefährlich sind Schwermetalle für unseren Körper?

Umweltmediziner Dr. Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien hat auf Anfrage von WIENERIN eine klare Antwort: „Für unsere Gesundheit ist die Belastung möglichst gering zu halten.“ Dieser Appell gelte aber vor allem für die Industrie.

„In der Studie wurden am häufigsten Arsen, Blei und Cadmium in den Tampons nachgewiesen. Diese Stoffe stehen unter anderem im Verdacht, krebserregend zu sein“, so Prof. Hutter von der MedUni Wien. Aufgrund der häufigen Verwendung von Tampons gelte nämlich das Minimierungsgebot: „Durch den Gebrauch von Tampons alleine ist sicher kein relevantes zusätzliches Gesundheitsrisiko zu befürchten. Auch, wenn zusätzlich Schwermetalle durch die Nahrung aufgenommen werden. Vorsorgemedizinisch ist aber ganz klar: je weniger, desto besser“, so der Experte.

Alle drei genannten Metalloide bzw. Schwermetalle können bedenkliche Gesundheitsbeeinträchtigungen nach sich ziehen. Tampons seien schließlich nicht die einzige Quelle, wie Schwermetalle in unseren Körper gelangen. Arsen finde sich etwa zum Teil in Reis, Blei in manchen Fällen durch alte Leitungen im Trinkwasser.

„Jede einzelne Aufnahme in den Organismus ist zwar oft minimal, aber es ist eben die Summe aller Belastungen, die für die Gesundheit relevant ist.“ Wenn also Hersteller behaupten, man müsse schon eine beträchtliche Menge ihres Produkts konsumieren, um entsprechende Grenzwerte zu erreichen – in diesem Fall 180 Tampons – haben sie zwar für ihr Produkt Recht, allerdings leben wir nicht unter einer Glaskuppel, sondern sind vielen Umweltbelastungen ausgesetzt. „Die Hersteller sollten tunlichst darauf achten, dass von solchen Schadstoffen – soweit es technisch machbar ist – nichts im Produkt zu finden ist.“

So belastend sind Schwermetalle im Körper

Blei könne beispielsweise den Blutdruck erhöhen und die Nierenfunktion reduzieren, so Prof. Hutter. „Bei Kindern kann zu viel Blei im Körper verhaltensändernd wirken. Auch die Intelligenzleistung und Aufmerksamkeit können beeinflusst werden. Blei wird zudem als wahrscheinlich krebserregend eingestuft“, so der Experte. Deshalb wurde auch vor vielen Jahren Blei im Benzin beizumischen verboten, um die Bevölkerung vor dem Schwermetall zu schützen.

Bezüglich der Tampons schließt sich der Umweltmediziner den Untersuchungen an: Sie seien per se nicht gefährlich für unsere Gesundheit, wobei die Bio-Variante zu bevorzugen sei. Eine Schwermetallbelastung im Körper kann übrigens im Blut oder im Harn nachgewiesen werden.

Bei der Ausleitung der Substanzen ist noch weitere Forschung vonnöten: „Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Ausleitung funktioniert oder nicht. Wesentlich ist, dass man die Aufnahme der Schwermetalle von vornherein verhindert. Die Bevölkerung sollte vor einer vermeidbaren Aufnahme geschützt werden. Angst muss man jedoch keine haben, zumal hinsichtlich der Tampons unklar ist, ob die darin enthaltenen Schwermetalle überhaupt in die Schleimhaut aufgenommen werden können.“

So sieht die Hygieneregelung in Österreich aus

Hygieneartikel wie beispielsweise Tampons oder Binden seien in Europa nicht einheitlich geregelt und fallen daher grundsätzlich unter die gesetzlichen Regelungen der allgemeinen Produktsicherheit, heißt es seitens der AGES – der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. „In Österreich gelten Hygieneartikel als Gebrauchsgegenstände, die dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz unterliegen. Es gibt dahingehend aber keine spezifischen gesetzlichen Anforderungen an Hygieneartikel“, lautet das Statement der AGES.

Allerdings werden im österreichischen Lebensmittelbuch Empfehlungen für Hygieneprodukte definiert, die die gesundheitliche Unbedenklichkeit gewährleisten sollen. Aber: „Prinzipiell gilt, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sowie der entsprechenden Normen zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Produkten liegt in der Eigenverantwortlichkeit des Herstellers.“ Die Produkte würden aber regelmäßig unter Berücksichtigung der definierten Kriterien des österreichischen Lebensmittelbuches untersucht werden, heißt es.

Hinsichtlich der Studie sei aber festzuhalten, „dass das Vorkommen von Metallen in Zellstoff grundsätzlich nicht überraschend ist, da organisches Material diese in unterschiedlichem Ausmaß aus der Umwelt aufnehmen kann. Diese Spuren können auch nicht ohne Weiteres aus dem weiterverarbeiteten Rohstoff entfernt werden und sind daher als ‚technisch unvermeidbar‘ anzusehen“, heißt es seitens der AGES.

Eine klare Empfehlung für den „perfekten“ Monatsschutz gibt es auch seitens des Gynäkologen Prof. Kiss nicht: „Jede Frau muss hier für sich die beste Wahl treffen und darauf achten, was sie am besten verträgt.“

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