Mamas, schaut auf euch auch!

Viele Frauen – und besonders Mamas – schauen immer zuerst auf alle anderen und vergessen dabei völlig auf sich selbst. Dabei sind ihre Bedürfnisse auch wichtig. Denn: Geht’s der Mama gut, geht’s allen gut!

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Die Jause für den Kindergarten herrichten. Checken, ob die Sonnencreme noch haltbar ist. Einen Termin beim Kinderarzt vereinbaren. Maiswaffel-Brösel von der Couch saugen. Die Klopapierrolle tauschen. Frische Handtücher ins Bad legen. Geburtstagsgeschenke besorgen … Es sind die vielen Kleinigkeiten, die Mamas erledigen. Das meiste, was sie tagtäglich leisten, sieht niemand. Zumindest, solange alles gut läuft. Erst, wenn sie das übliche Pensum nicht schaffen – etwa, wenn das Kind krank wird –, fällt auf, worum sie sich von früh bis spät kümmern. Sie organisieren nämlich den gesamten Familienalltag. Ihr Kopf hat nie Pause. Und das ganz neben ihrem (bezahlten) Job. 

Wofür häufig keine Zeit bleibt: für Mama und ihre eigenen Bedürfnisse. Auf sich selbst zu schauen und nicht immer nur auf die anderen, ist aber besonders auf längere Sicht wichtig, weiß die Leondinger Psychotherapeutin Sieglinde Richter (www.sieglinderichter.at): „Ansonsten können irgendwann einmal psychische oder physische Beschwerden auftreten. Und so weit muss es wirklich nicht kommen!“

Warum sind Frauen und deren Bedürfnisse zu Ihrem Herzensprojekt geworden?
Mag. Sieglinde Richter: Weil sehr viele Frauen immer für die anderen da sind, immer mehr geben als sie zurückbekommen und ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellen oder diese vielleicht gar nicht kennen. Ich habe in den vergangenen Jahren bei meiner Arbeit beobachtet, dass die Zahl der Frauen, die völlig erschöpft, unzufrieden, unglücklich und depressiv sind, enorm gestiegen ist. Und fast alle Frauen hatten eines gemeinsam: Sie kümmern sich in erster Linie zuerst um die anderen und dann, wenn überhaupt, einmal um sich selbst. Meistens bleiben sie und ihre eigenen Bedürfnisse aber auf der Strecke. Irgendwann funktionieren diese Frauen nur noch. Sie merken es erst, wenn der Leidensdruck so groß wird und psychische oder physische Beschwerden unerträglich werden. Es berührt mich immer wieder, wenn Frauen über ihren langen Leidensweg berichten, der nicht notwendig wäre, würden sie schon viel früher auf sich und ihre Bedürfnisse achten.

Ist das mit ein Grund, warum Sie sogar ein spezielles Programm für Frauen entwickelt haben?
Ja, genau! Es geht darum, dass die Frauen lernen, aus dem bisher Belastenden auszusteigen und es für sich selbst so zu verändern, dass sie in ihre Kraft kommen und sich ihre inneren Bedürfnisse ohne Schuldgefühle erfüllen. Es bedeutet, dass sie immer mehr für sich einstehen können und sich selbst kreieren, was sie glücklich und zufrieden macht, damit die Schwere, die Unzufriedenheit, das Drama und die Erschöpfung ein für allemal Geschichte sind.

Viele Frauen suchen sich erst sehr spät Unterstützung und sind dann schon auf dem besten Weg in ein Burn-out oder eine Depression. Was kann man tun, damit es erst gar nicht so weit kommt?
Leider mache ich diese Erfahrung wirklich immer wieder, dass es in vielen Fällen schon fünf vor zwölf ist. Die Frauen müssen zuerst gefühlt am Boden liegen, damit sie sich Unterstützung holen und Hilfe annehmen können. Dann ist es wichtig, sich zuerst folgendes bewusst machen: Wie lebe ich mein Leben? Wie ist meine innere Haltung und meine Einstellung zum Leben? Welche Werte stehen an oberster Stelle? Lebe ich im Mangel oder der Freude nach? Lebe ich nach meinen eigenen Vorstellungen oder nach den Erwartungen und Wünschen der anderen? Was brauche ich, um glücklich und zufrieden zu sein? Was denke ich den ganzen Tag über mich? Welche Geschichten erzähle ich mir? 95 Prozent unseres Denkens sind nämlich unbewusst – das sind zum Beispiel unsere Erfahrungen, Glaubenssätze und inneren Überzeugungen. Unser Leben fährt sozusagen meist auf Autopilot und um etwas verändern zu können, muss ich mir das Unbewusste zuerst einmal bewusst machen. Hat man sich seine unbewussten Glaubenssätze und inneren Überzeugungen, die ihren Ursprung meist in der Kindheit haben, angesehen, geht es in einem weiteren Punkt auch noch darum, seinen Selbstwert aufzubauen. 

Welche Anzeichen gibt es, auf die man im Vorfeld achten kann?
Unsere Gefühle sind die besten Warnsignale. Hinter jedem unangenehmen Gefühl steckt ein unerfülltes Bedürfnis. Doch unser Verstand will negative Gefühle, wie Wut, Traurigkeit oder Scham, nicht spüren und signalisiert: „Mach etwas, das fühlt sich nicht gut an!“ In der Folge gehen wir unbewusst in die Ablenkung. Doch Gefühle wollen nicht verdrängt werden. Je länger man sie ignoriert, desto stärker und lauter werden sie. Das ist wie bei einem kleinen Kind, das die Aufmerksamkeit seiner Mama möchte. Wenn sie nicht darauf reagiert, wird das Kind immer lauter schreien und die Aufmerksamkeit einfordern. 

Warum tun sich viele Frauen offenbar so schwer damit, auf sich selbst zu schauen und nicht nur darauf, dass es allen anderen gut geht?
Die meisten Frauen spüren einen starken Widerstand, wenn ich mit ihnen eine Übung mache, bei der es darum geht, zuerst auf sich selbst und erst dann auf die anderen zu achten. Wenn man sich selbst wichtig nimmt und sich darum kümmert, dass die eigenen Bedürfnisse erfüllt werden, hat das nichts mit Egoismus oder ungesunder Selbstbezogenheit zu tun, sondern mit Selbstwert und Selbstliebe. Es ist der Schlüssel zu einem glücklichen und zufriedenen Leben! Für andere da zu sein und zu geben ist etwas Wunderbares, aber nur, solange man sich selbst dabei nicht vergisst und sich schadet.

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So erkennen Sie Ihre Bedürfnisse und was ihnen guttut!

Stille ins Leben bringen und beginnen, sich selbst zuzuhören:
Die Seele weiß genau, was man braucht. Um das zu spüren, ist es wichtig, regelmäßig innezuhalten, auch mal Ruhe in seinem Leben zu haben und nicht immer nur zu „funktionieren“.

Auf sich selbst und seine Gefühle achten:
Nehmen Sie sich mehrmals am Tag ein paar Momente Zeit, um zu spüren: Wie geht es mir gerade? Wenn es Ihnen gut geht, Sie zufrieden und ausgeglichen sind, dann sind vermutlich alle Ihre Bedürfnisse erfüllt. Wenn Sie hingegen unruhig, schlecht gelaunt oder gestresst sind, ist wahrscheinlich das Gegenteil der Fall. Nehmen Sie sich dann die Zeit, sich selbst zu fragen: Tue ich das, was ich tue, weil ich es gern mache? Oder weil ich denke, dass es von mir erwartet wird? Versuchen Sie, diese Momente im Alltag einzubauen. Gehen Sie in sich, während der Tee zieht oder der Kaffee durchläuft. Nehmen Sie sich einen Moment nach der Dusche. Stürzen Sie nicht gleich aus dem Auto, wenn Sie in der Arbeit angekommen sind, sondern bleiben Sie noch kurz sitzen und spüren, wie es Ihnen geht. Je mehr Sie üben, desto schneller und leichter werden Sie Ihre innere Stimme hören und Ihre Befindlichkeit spüren können. 

Bedürfnisse wahrnehmen: 
Wenn Sie sich Ihre ruhigen Momente nehmen und in sich hineinspüren, fragen Sie sich weiter: Was würde mir jetzt helfen, mich besser zu fühlen? Wenn die Antwort zum Beispiel „Essen“ ist, fragen Sie weiter: Wie fühle ich mich, wenn ich etwas esse? Möglicherweise lautet die Antwort „entspannter und ruhiger“, dann verspüren Sie im Grunde das Bedürfnis nach Ruhe und Zeit für sich.

Bedürfnisse erfüllen, indem man für sich selbst einsteht: 
Ihr Mann braucht etwas, die Kinder wollen mit Ihnen spielen und außerdem müssen Sie noch dringend ein paar Mails beantworten. Sie merken, wie der Stress in Ihnen hochsteigt. Sie sind schon gut mit sich in Kontakt und wissen: Ich muss jetzt tief durchatmen. Nehmen Sie sich diesen Moment! Unterbrechen Sie Ihr altes „Erst die anderen, dann ich“-Muster und erfüllen Sie sich Ihr Bedürfnis! Sagen Sie Ihrem Mann, dass Sie einen Moment Ruhe brauchen, und den Kindern, dass Sie später mit ihnen spielen. Auch die Mails können noch ein paar Minuten warten. Legen Sie sich einen Moment hin – abseits vom alltäglichen Trubel! Schließen Sie die Augen, nehmen Sie neun tiefe Atemzüge und spüren Sie einfach nur. Sie werden sehen: Diese wenigen Atemzüge machen einen großen Unterschied.

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