Glück kann man trainieren
Glückstrainerin Evelyn Mallinger aus Linz verrät Übungen zum Glücksein.
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Es gibt Momente im Leben, in denen wir so glücklich sind, dass wir sie am liebsten für immer festhalten wollen. Leider funktioniert das in der Realität nicht, viel effektiver ist es, herauszufinden, wie man ein gutes Gefühl erzeugen und aktivieren kann. Wie das funktioniert, weiß die Linzer Glückstrainerin Mag. Evelyn Mallinger.
Ich besuche Evelyn Mallinger in ihrem Seminarraum in Linz-Urfahr und werde sofort von ihrer offenen und fröhlichen Art in Bann gezogen. Die 42-jährige Soziologin hat nicht nur ein Diplom als Kinesiologin und Cranio-
Sacral-Therapeutin, sie ist auch diplomierte Resilienz-, Humor- und Achtsamkeitstrainerin. Kurz und gut, Evelyn Mallinger liebt es, Menschen zu begeistern und in schwierigen Zeiten zu begleiten. In Vorträgen und Kursen gibt sie praktische Tipps, wie man glücklicher leben kann. Wir haben bei der Glückstrainerin nachgefragt, wie man Glück trainieren kann.
Frau Mallinger, wie definieren Sie Glück oder glücklich sein? Da gibt es sicher hunderttausend Definitionen.
Wichtig ist mir, dass man das Glück nicht als diesen euphorischen kurzen Moment sieht. In meiner Definition ist Glück eher so etwas, wie eine andauernde Zufriedenheit. Also das Gefühl: Es geht mir gut, es passt alles und ich brauche mir nicht viele Sorgen machen. Im Prinzip ist das die unaufgeregtere Version von Glück, die langfristig anhält.
Also nicht das Hochgefühl, wenn man frisch verliebt ist?
Genau, das Gefühl, wenn man frisch verliebt ist, ist natürlich traumhaft, aber kein Dauerzustand. Es gibt sogar Studien, die belegen, dass frisch verliebt zu sein auf Dauer nicht überlebbar wäre, weil es für den Körper zu anstrengend ist.
Sie sagen, Glück kann man trainieren. Wie darf man sich das vorstellen?
In unserem Gehirn gibt es Neuronenbahnen, deren Entstehung von der Art unserer Gedanken abhängt. Eingefahrene Gedanken, die wir aufgrund von Glaubenssätzen schon sehr lange denken, bilden dickere, etablierte Wege, während neue Gedanken wie schmale, zarte Pfade sind. Stellt man sich das wie ein Straßennetz vor, dann nehmen unsere Gedanken immer den schnellsten und bequemsten Weg, quasi die Autobahn. Meistens handelt es sich dabei um Muster, die wir seit Langem kennen, sei es aufgrund der Erwartungen unserer Eltern oder gesellschaftlicher Einflüsse, die uns täglich begegnen. Wenn uns diese Denkmuster bewusst sind, können wir die neuronale Bahnstruktur verändern. Das erfordert zwar einiges an Arbeit und Achtsamkeit, aber durch verschiedene Übungen können wir die negativen Gedankenbahnen reduzieren und die positiven Bahnen verstärken.
Sehr cool! Haben Sie dazu eine Übung für uns?
Eine Übung, mit der man den negativen Gedankenstrang verkleinern kann, ist das sogenannte „Jammerfasten“. Dabei gibt man sich ein Gummi- oder Haarband um ein Handgelenk, und immer, wenn man jammert, wechselt man es auf das andere Handgelenk. Dabei wird man aufmerksam, wie oft man negative Dinge anspricht. Die Übung ist abgeschlossen, wenn das Gummiband 21 Tage lang am selben Handgelenk bleibt. Ich habe sie selbst ausprobiert und es dauerte fünfeinhalb Monate, bis ich die 21 Tage geschafft habe. Ich war erstaunt, wie oft ich eigentlich gejammert habe. Durch das „Jammerfasten“ mit dem Gummiband wurde ich achtsam und traf bewusst die Entscheidung, negative Gedanken nicht mehr auszusprechen. Auf lange Sicht wurden diese Gedanken seltener und letztendlich traten sie aufgrund des schmaler gewordenen Gedankenstrangs kaum mehr auf.
Kinder, die einen ärgern, Liebeskummer, Stress im Job … ist es im Alltag nicht oft auch schwierig, zufrieden oder gar glücklich zu sein?
Das stimmt, aber grundsätzlich hat alles, was in unserem Leben geschieht, sowohl positive als auch negative Seiten. Selbst wenn uns etwas Schlimmes widerfährt, gibt es immer eine Lernerfahrung und wir können wachsen und neue Erkenntnisse gewinnen. Wenn ich ein negatives Erlebnis habe, kann ich entweder sagen „Warum passiert so etwas ausgerechnet immer mir?“ oder „Interessant, was kann ich aus dieser Situation lernen?“ Aus welcher Perspektive man Ereignisse sieht, kann man lernen und es ist nie zu spät, die Perspektive zu wechseln. Die beste Übung ist die tägliche Dankbarkeitspraxis, bei der wir uns die positiven Aspekte bewusst ins Gedächtnis rufen. Man kann aber auch üben, negative Dinge aus einer positiveren Perspektive zu betrachten. Macht man das regelmäßig, prägt man neue Denkmuster in seinem Gehirn und es wird schließlich zur Gewohnheit.
So in Richtung, das Glas ist entweder halb voll oder halb leer.
Genau, denn letztendlich dreht sich alles um unsere Gedanken. Die wissenschaftliche Forschung beschäftigt sich auch mit der Idee, dass unsere Gedanken Schwingungen erzeugen. Je nach Frequenz, auf der unser Gehirn schwingt, ziehen wir ähnliche Erfahrungen an und manifestieren sie in unserem Leben. Wenn wir den Großteil des Tages negativ denken und jammern, werden genau diese Dinge weiterhin auftreten.
Durch das ‚Jammerfasten‘ wurde ich achtsam und traf bewusst die Entscheidung, negative Dinge nicht mehr auszusprechen!
Evelyn Mallinger
Wenn man das Weltgeschehen beobachtet, kommt einem vor, dass wir in einer Dauerkrise leben. Man wird ständig mit schlechten Nachrichten bombardiert. Wie kann man sich schützen?
Wichtig ist, schlechte Nachrichten auf das geringste Maß zu kürzen. Vieles können wir als Einzelpersonen ohnehin nicht ändern. Natürlich will man wissen, was in der Welt passiert, aber die Beschäftigung damit darf nicht ausarten. Fünf Minuten am Tag reichen meiner Ansicht nach völlig aus.
Tragen auch Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram dazu bei, dass wir unglücklich werden?
Soziale Medien verleiten dazu, uns miteinander zu vergleichen. Das machen wir ohnehin im täglichen Leben, der Unterschied besteht allerdings darin, dass die Vergleiche in sozialen Medien oft nicht realistisch sind. Menschen präsentieren gerne ein künstliches Bild von sich. Es wird etwas dargestellt, was ich persönlich vielleicht gar nicht erreichen kann, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin. Aber man darf nicht alles verteufeln, es gibt auch coole Leute auf Instagram und Facebook, die das echte Leben abbilden. Denen kann man gerne folgen, bei den anderen muss man aufpassen, dass man sich nicht zu sehr blenden lässt.
Sie bieten neuerdings für Unternehmen ein Glücksprogramm namens „Happy Hour“ an, worum geht es da genau?
Firmen ermöglichen ihrem Team über einen Zeitraum von zehn Monaten einmal im Monat eine Glücksstunde, in der ich aufzeige, welche Kommunikationsfallen es gibt, wie Humor in der Arbeit unterstützen kann und warum es manchmal Sinn macht, tief durchzuatmen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Nach jeder „Happy Hour“ bekommen die Teammitglieder Übungen, um das Gelernte ins Leben zu integrieren.
Und nicht vergessen: Das Leben darf leicht sein!
Evelyn Mallinger
Sie arbeiten nun seit fünf Jahren als Glückstrainerin, wie kommt Ihre Dienstleistung an?
Es ist nicht so, dass die Leute mich einmal treffen und dann für immer glücklich sind, das Ganze ist ein längerer Prozess. Viele Menschen sagen, dass sie durch meine Vorträge oder Inputs achtsamer geworden sind und ihr Glück selbst in die Hand genommen haben. Das ist das Schöne, wenn die Leute anfangen, Verantwortung zu übernehmen, anstatt in der Opferrolle zu verharren. Und nicht vergessen: Das Leben darf leicht sein!
Übungen zum Glücklichsein
- JammerfastenDabei gibt man sich ein Gummi- oder Haarband um ein Handgelenk und immer, wenn man jammert, wechselt man es auf das andere Handgelenk. Dabei wird man aufmerksam, wie oft man negative Dinge anspricht. Die Übung ist abgeschlossen, wenn das Gummiband 21 Tage lang am selben Handgelenk bleibt.
- Tägliche DankbarkeitspraxisSich am Abend kurz Zeit nehmen und überlegen, wofür man am Ende des Tages dankbar ist. Dass es den Kindern gut geht, dass ich mit einer Freundin ein tolles Gespräch hatte, oder wenn einem wirklich etwas Unangenehmes passiert, nachfragen, warum man auch dafür dankbar sein kann. Im besten Fall lernt man etwas daraus. Dabei kann man üben, dass man auch die negativen Dinge positiv bewertet.
- Medienkonsum von schlechten Nachrichten auf das Minimum reduzieren und darauf achten, wem man auf Social Media folgt. Es gibt auch coole Menschen, die dort das echte Leben mit Fehlern und ohne Filter abbilden 🙂