Diagnose Hodenkrebs
Im Jänner erhält Amateurkicker Markus Blutsch die Diagnose Hodenkrebs. Schon im April steht der Kapitän der SPG Pregarten wieder mit seiner Mannschaft auf dem Rasen und es geht ihm besser als je zuvor.
© Harald Dostal
Im Oktober wurde Markus Blutsch bei der Bruno-Gala in Wien als beliebtester Amateur-Fußballspieler Österreichs ausgezeichnet. Eine große Ehre für den 28-jährigen Linzer. Die er sich allerdings mehr als verdient hat, denn Anfang des Jahres wurde bei ihm Hodenkrebs diagnostiziert. Wir haben den leidenschaftlichen Fußballer zum Interview getroffen und mit ihm über diese Schockdiagnose und seine rasche Genesung gesprochen – und darüber, was er sich für das neue Jahr wünscht.
Das Allerwichtigste zuerst: Wie geht es Ihnen heute?
Besser denn je (lacht). Körperlich bin ich wieder auf dem Niveau vor meiner Erkrankung und mental bin ich sogar viel besser drauf. Ich bin immer ein Perfektionist gewesen. Mein Ehrgeiz hat mich zwar ausgezeichnet, aber mit diesem Perfektionismus habe ich mir manchmal selbst das Leben schwerer als nötig gemacht. Wenn wir ein Spiel verloren haben, war ich drei Tage lang sauer. Jetzt bin ich noch zwei, drei Stunden ein bissl grantig – es ist ja nur ein Spiel. In dieser Hinsicht bin ich viel entspannter und gelassener geworden. Ich möchte die Uhr zwar nicht mehr zurückdrehen, weil es eine wirklich schwierige Zeit war, aber ich habe auch viel daraus gelernt. So zäh es war, umso schöner ist es jetzt!
Können Sie uns erzählen, wie das Anfang des Jahres für Sie war?
Ich war im Training, gut drauf, alles war ganz normal. Daheim habe ich dann unfassbare Schmerzen bekommen, ich habe sofort gespürt, dass das Alarmstufe Rot ist. Im Krankenhaus hat man mir innerhalb von 30 Minuten die Diagnose Hodenkrebs gestellt, am nächsten Tag wurde ich schon operiert und gleich im Anschluss hat die Chemotherapie begonnen. Das hat mir erst einmal den Boden unter den Füßen weggezogen, weil ich überhaupt nicht mit so einer Diagnose gerechnet hatte. Auf der anderen Seite war für mich relativ schnell klar, dass ich das schaffen werde. Eine Alternative hat es nie gegeben. Nur vor der Chemo und deren Nebenwirkungen hatte ich brutalen Respekt. Und nachdem mir mein Aussehen schon sehr wichtig ist, hat es mir auch wirklich wehgetan, als meine Haare ausgefallen sind.
Die Haare sind ja glücklicherweise schon wieder nachgewachsen. Wie haben Sie diese Zeit sonst erlebt?
Ich bin schon mein ganzes Leben lang körperlich sehr aktiv gewesen. Während der Chemo war ich natürlich eingeschränkt, allerdings habe ich mein Reha-Training trotzdem jeden Tag durchgezogen – auch wenn es mich manchmal Überwindung gekostet hat. Dadurch ist es mir viel besser gegangen und sogar meine Ärzte waren überrascht, wie schnell sich mein Körper erholt hat und auch mein Blutbild wieder besser geworden ist. Ich denke, dass mir mein bewusster Lebensstil bei der Genesung sehr geholfen hat. Wofür ich auch sehr dankbar bin: Ich war nie allein, meine Familie, meine Freunde und Spielerkollegen waren immer für mich da.
Warum sind Sie so offen mit Ihrer Erkrankung umgegangen?
Ich habe anfangs nur meinem engsten Umfeld Bescheid gegeben, allerdings macht so etwas halt schnell die Runde und schon zwei Tage nach der Diagnose hat mich ein Journalist angerufen. Ich habe mich entschlossen, offen darüber zu reden, damit keine Gerüchte entstehen. Und ich wollte auch ein Vorbild sein. Danach habe ich so viel Zuspruch bekommen, das war unglaublich.
Wie war das erste Match nach der Erkrankung für Sie?
Hochemotional (lacht). Am 18. April bin ich bei einem Cup-Spiel gegen Friedburg zum ersten Mal wieder mit meiner Mannschaft auf dem Rasen gestanden. Ich hatte meinem Trainer maximal zehn Minuten zugesagt, weil ich mir noch nicht zu viel zumuten wollte. Allerdings hat er mich dann schon in der 60. Minute eingewechselt und wir mussten sogar noch in die Nachspielzeit. Es war dann wie im Märchen, als ich den entscheidenden Elfmeter verwandeln konnte. Ich war schwerst nervös, obwohl ich in solchen Situationen sonst immer die Ruhe selbst bin. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich – und auch für meine Mannschaft. Danach sind in der Kabine ein paar Tränen geflossen.
Das erste Match nach meiner Erkrankung war hochemotional für mich. Danach sind in der Kabine ein paar Tränen geflossen.
Markus Blutsch
Sie sind gerade erst mit dem „Bruno“ als beliebtester Amateurspieler ausgezeichnet worden. Was bedeutet das für Sie?
Es bedeutet mir sehr viel – besonders auch nach dieser schwierigen Zeit. Es zeigt mir, dass ich als Mensch viel richtig gemacht habe. Ich bin vielleicht nicht der beste, aber der beliebteste Amateurspieler. Es ist eine Bestätigung für meinen Fleiß, meinen Ehrgeiz, meinen Charakter und dass sich jede Minute Training auszahlt.
Ihr Großvater ist LASK-Legende Dolfi Blutsch. Welche Rolle hat er in Ihrem Leben als Fußballer gespielt?
Natürlich hat mich das sehr geprägt. Ich bin im Haus meiner Großeltern aufgewachsen, meine Mama hat durch meinen Opa viel Zeit am Fußballplatz verbracht und ich war immer mit dabei. Als Kind war ich nahezu jeden Tag kicken. Man kann ja überall spielen und das taugt mir auch so an dieser Sportart. Außerdem mag ich diesen Zusammenhalt in einer Mannschaft, das ist etwas ganz Besonderes. Ich spiele jetzt seit vier Jahren in Pregarten und habe dort Freunde fürs Leben gefunden.
Sie haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Was wünschen Sie sich für 2024?
Ich fühle mich so gut und wünsche mir, dass das so bleibt. Und ich wünsche mir, dass alle Menschen, die mir wichtig sind, gesund bleiben. Ohne Gesundheit ist alles nichts – das habe ich selbst erlebt. Ich wünsche mir auch, dass ich im neuen Jahr viele schöne Momente erleben und noch viel bewusster genießen kann. Ich habe eine großartige Familie, tolle Freunde, eine Arbeit, die mir Spaß macht – dafür bin ich sehr dankbar!